Soziale Phobie – Ursachen, Auswirkungen und effektive Bewältigungsstrategien

Personen, die unter einer sozialen Phobie leiden, haben Angst vor sozialer Bewertung. Diese Furcht vor einer kritischen Beurteilung durch andere Menschen führt häufig zu der Vermeidung sozialer Situationen. Umfassende soziale Phobien sind oft mit niedrigem Selbstwertgefühl und Angst vor Kritik verbunden. In sozialen Situationen lösen diese Ängste Beschwerden wie beispielsweise Erröten, Händezittern, Übelkeit oder den Drang zum Wasserlassen aus. Eine Steigerung der Symptome bis hin zu Panikattacken ist möglich. 

Angst -> Vermeidung -> Angst 

Eine soziale Phobie kann sich in allen möglichen Situationen wie beim Einkaufen, Dating, der Arbeit oder in Freundschaften äußern. Eine angenehme soziale Erfahrung kann als “Gegenbeweis” für die Ängste dienen und helfen, sie zu überwinden, deshalb wird sie auch als korrigierende Erfahrung bezeichnet. Leider führen die Ängste vor einer Blamage und die akuten unangenehmen Symptome häufig dazu, dass die sozialen Situationen von Betroffenen zunehmend vermieden werden. Durch die Vermeidung dieser sozialen Situationen können folglich keine korrigierenden Erfahrungen gemacht werden. Ein Teufelskreis der Angst entsteht.

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Wie fühlt es sich an, an einer Sozialphobie zu leiden?

Betroffene beschreiben häufig, dass ihre Gedanken stets um ihre Wirkung auf andere Menschen kreisen. Jede Situation wird bis ins kleinste Detail analysiert. Darüber hinaus verspüren sie körperliche Symptome. Schließlich vermeiden sie soziale Situationen. Ihre Ängste nehmen sie sehr ein und beeinflussen ihren Alltag sowie ihre Beziehungen maßgeblich. Dabei kann Vertrautheit mit Situationen oder Menschen helfen, die soziale Angst kurz abzulegen oder abzuschwächen.

Wieso äußert sich die Angst körperlich?

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Zu den Auswirkungen der Ängste zählen körperliche Symptome wie Angstschweiß, Bauchschmerzen, Erröten oder eine erhöhte Herzfrequenz. Aber warum reagiert unser Körper, wenn unser Kopf Angst hat? Soziale Ängste lösen oft eine Stressreaktion im Körper aus. Evolutionär bedingt gerät unser Körper in eine „Flucht- oder Kampfreaktion“. Dies führt zu einer Steigerung der körperlichen Aktivität, um entweder vor der Bedrohung (Flucht) zu entkommen oder sich ihr zu stellen (Kampf). Der Körper setzt Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol frei, um auf die wahrgenommene Bedrohung (die soziale Situation) zu reagieren. Diese Hormone können eine Vielzahl von körperlichen Reaktionen, wie einen erhöhten Herzschlag, beschleunigte Atmung, Muskelverspannungen und Angstschweiß hervorrufen. Interessanterweise zeigen Studien, dass unser Schmerzzentrum im Gehirn, das normalerweise durch körperlichen Schmerz ausgelöst wird, auch reagiert, wenn wir sozialen Schmerz fühlen (z.B. wenn man aus einer Gruppe ausgeschlossen wird). Unser Hirn reagiert bei Stress und Schmerzen unabhängig davon, ob diese Reaktionen durch ein umherrennendes Mammut oder ein Referat im Englisch Unterricht ausgelöst wird.

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Welche Ursachen haben soziale Ängste?

Soziale Ängste sind oft das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von Faktoren und Begünstigungen. Die Genetik spielt dabei eine Rolle, da eine gewisse Veranlagung für soziale Phobien vererbt werden kann. Die Persönlichkeit eines Menschen kann ebenfalls einen Einfluss haben, insbesondere wenn Schüchternheit dazu führt, dass man sich in sozialen Situationen zurückhält und keine Gelegenheit hat, positive Erfahrungen in sozialen Situationen zu sammeln und festzustellen, dass diese Situationen nicht so gefährlich sind, wie sie angenommen wurden. Es kommt zur Vermeidung von korrigierenden Erfahrungen.

Die Erziehung und die Eltern können entscheidende Faktoren sein. Wenn man als Kind häufig kritisiert wurde, könnte man Ängste davor entwickeln und sich als störend empfinden. So kommt es zu überangepasstem Verhalten. Das bedeutet, dass Personen in übermäßigem Maße versuchen, den Erwartungen und Wünschen anderer gerecht zu werden, selbst, wenn dies zu ihrem eigenen Nachteil ist. 

Die Verhaltensweisen der Eltern in sozialen Situationen und ihr Umgang mit Konflikten können das Verhalten und die Ängste ihrer Kinder beeinflussen. Eine überfürsorgliche Erziehung, bei der man nie gelernt hat, mit Fehlern und Herausforderungen umzugehen, kann zu Überforderung, Ängsten und Vermeidungsverhalten führen, wenn man im späteren Leben mit konflikthaften Situationen konfrontiert wird.

Weitere unangenehme Lebenserfahrungen, wie Mobbing, der Verlust von Angehörigen oder schlechte Erfahrungen in jeglicher Art in sozialen Beziehungen können ebenfalls zur Entwicklung sozialer Ängste beitragen. Keiner dieser Faktoren allein ist ein sicherer Auslöser für soziale Angst. In der Regel handelt es sich um ein komplexes Zusammenspiel von genetischen, persönlichen, erzieherischen und lebensgeschichtlichen Faktoren, die das Risiko für die Entwicklung sozialer Ängste steigern.

Wie wird die soziale Phobie aufrechterhalten? 

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Soziale Ängste werden oft aufrechterhalten durch eine Kombination aus Faktoren. Dazu gehören negative Glaubenssätze, die aus Lebenserfahrungen, insbesondere aus der Kindheit, resultieren, wie zum Beispiel die Überzeugung, „Ich bin zu viel“ oder „Ich bin eine Belastung“. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Fokus auf das „Soll-Ich“ anstelle des „Bin-Ich“. Dieser Druck, einem unrealistischen Idealbild gerecht zu werden, kann zu anhaltendem Stress führen. 

Menschen mit sozialer Angst setzen häufig Sicherheitsverhalten ein, wie beispielsweise das Vermeiden von Situationen, die sie als potenziell gefährlich einschätzen. Dieses Sicherheitsverhalten dient als Schutzmechanismus. Das Gehirn und die Psyche merken sich, dass die Anwendung dieses Vermeidungsverhaltens in der Vergangenheit vermeintlich sicher war und zu einer erfolgreichen Bewältigung der Situation geführt hat. Diese Erfahrung führt dazu, dass ähnliche Vermeidungsstrategien in ähnlichen Situationen erneut angewendet werden.

Wie kann man als betroffene Person anderen Leuten erklären, was eine soziale Phobie ist?

Die Erklärung von sozialer Angst, insbesondere gegenüber Familienmitgliedern oder im Freundeskreis, kann eine herausfordernde Aufgabe sein. Besonders wenn mit Sätzen wie „Stell dich doch nicht so an“ reagiert wird. Das Wichtigste ist, dir deine eigenen Gedanken, Gefühle und Erfahrungen nicht absprechen zu lassen. Du kannst versuchen, dies anhand einer konkreten Beispielsituation zu verdeutlichen und Schritt für Schritt durch die Gedanken und Emotionen zu gehen, die diese Situation auf einer persönlichen Ebene in dir auslöst.

Es kann hilfreich sein, zu erklären, dass jeder Mensch unterschiedliche Erfahrungen macht, die zu verschiedenen Ängsten und Herausforderungen führen können. Du kannst auch versuchen, eine vergleichbare Situation zu finden, die bei ihnen subjektive Emotionen oder Gedanken auslöst, um ihr Verständnis zu fördern. Schlussendlich sollte jede Person, selbst wenn sie deine Angst nicht vollständig versteht, deine Gefühle und deine Erfahrung akzeptieren.

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Wie finde ich heraus, ob ich unter sozialer Angst leide oder einfach nur schüchtern bin?

Die Unterscheidung zwischen Schüchternheit und sozialer Angst kann mitunter recht unscharf sein, insbesondere weil sie unterschiedliche Kategorien darstellen: Schüchternheit wird oft als Persönlichkeitsmerkmal betrachtet, während soziale Phobie als psychische Erkrankung klassifiziert wird. Soziale Ängste beziehen sich auf eine allgemeine, normale menschliche Reaktion auf soziale Situationen. Fast jeder Mensch erlebt gelegentlich und vorübergehend soziale Ängste wie Schüchternheit, Nervosität oder Unsicherheit. Bei einem gesunden Menschen, der keine ausgeprägte Sozialphobie, sondern nur eine gewisse soziale Angst aufweist, sind diese Konzepte oft miteinander verbunden. 

Es kann hilfreich sein, sich zu fragen, wie die persönliche Entwicklung verlief und welche Lebenserfahrungen eventuell zur Entstehung sozialer Ängste beigetragen haben könnten. Vielleicht ist es jedoch wichtiger, sich weniger auf die Unterscheidung zwischen Schüchternheit und sozialer Angst zu konzentrieren und stattdessen daran zu arbeiten, mit den individuellen Eigenheiten und Ängsten umzugehen.

Für diejenigen, die sich fragen, ob sie „nur“ schüchtern sind oder ob eine ausgeprägte Sozialphobie vorliegt, gilt es zu bedenken, dass Ängste bis zu einem gewissen Grad völlig normal sind. Sobald die Ängste das Leben maßgeblich beeinflussen, ist es ratsam, zu reflektieren und gegebenenfalls daran zu arbeiten, sei es durch Selbsthilfestrategien oder Psychotherapie. Entscheidend ist, die eigenen Ängste wahrzunehmen und Schritte zur Verbesserung der Lebensqualität einzuleiten.

Der Unterschied zwischen sozialen Ängsten und einer sozialen Phobie

Pathologische soziale Ängste, auch soziale Phobien genannt, unterscheiden sich deutlich von normaler Schüchternheit oder allgemeinen sozialen Ängsten. Der Unterschied besteht darin, dass sie das alltägliche Leben in erheblichem Maße beeinflussen. In solchen Fällen passen Betroffene ihr Leben oft den Ängsten an, um unangenehme soziale Situationen zu vermeiden oder zu bewältigen. Betroffene neigen verstärkt zur Isolation. Dieser Anpassungsmechanismus kann Komorbiditäten, etwa Depressionen oder Suchterkrankungen begünstigen. Viele Menschen mit sozialer Phobie neigen dazu, Alkohol in sozialen Situationen zu konsumieren, um ihre Ängste zu lindern. 

Im Gegensatz zu vorübergehender Schüchternheit handelt es sich bei sozialer Phobie um eine lang anhaltende Herausforderung. Um diese zu bewältigen, ist eine Therapie oft notwendig, wobei die kognitive Verhaltenstherapie eine besonders wirksame Option darstellt.

Was kann dabei helfen, soziale Ängste oder eine soziale Phobie zu überwinden?

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Es ist wichtig, die Motivation hinter diesen Bemühungen zu hinterfragen. Die Wunsch Freund:innen zu finden, kann als Antrieb dienen, z.B. Menschen auf Partys anzusprechen, um so korrigierende Erfahrungen zu machen und soziale Ängste zu überwinden.

Selbstmitgefühl bedeutet, sich selbst aufmunternde Worte zu sagen und sich selbst so zu behandeln, wie man es bei einem besten Freund oder einer besten Freundin tun würde. Anstatt also in Selbstverurteilung zu verfallen und zu denken, „Ich bin so ein Versager, ich schaffe es einfach nicht, neue Leute anzusprechen. Warum sollten sie sich überhaupt für mich interessieren?“, sprich mit dir selbst in einer freundlichen und unterstützenden Art und Weise: „Ich werde jetzt einfach hingehen und die Gruppe ansprechen. Wenn sie mich komisch finden, ist das in Ordnung, ich kann immer noch gehen. Aber ich werde es versuchen und mich selbst ermutigen, selbst wenn es nicht gleich klappt. Ich werde stolz auf mich sein, dass ich es überhaupt versucht habe“ – das ist der Kern des Selbstmitgefühls. Indem du dich selbst auf diese Weise unterstützt, kannst du deine sozialen Ängste besser bewältigen und mehr Selbstvertrauen aufbauen. Wie bei allen Dingen braucht es auch hier viel Übung, um so mit dir selbst zu kommunizieren. 

Wichtig ist, sich nicht von der Angst definieren zu lassen. Du bist nicht die Angst selbst. Es ist hilfreich zu verstehen, dass unangenehme Gefühle temporär sind, genau wie angenehme. Indem du deine Ängste hinterfragst und versuchst zu verstehen, warum sie auftreten, kannst du einen besseren Zugang zu deinen eigenen Bedürfnissen finden. Woher kommen diese Ängste? Du bist nicht das Wetter, sondern nur der Himmel, an dem es stattfindet. Dieser Perspektivenwechsel kann dir helfen, dich von deinen Ängsten zu distanzieren und einen klaren Blick auf deine eigenen Emotionen und Bedürfnisse zu erhalten.

Helfen Medikamente?

In einigen Fällen kann auch eine medikamentöse Therapie kurzfristige Hilfe bieten, sollte jedoch nicht die alleinige Langzeitlösung sein. In solchen Fällen ist eine psychotherapeutische Behandlung in Erwägung zu ziehen, um langfristig Unterstützung zu finden. Um soziale Ängste zu bewältigen, ist es wichtig, die Ursprünge dieser Ängste zu verstehen und sie in den Kontext der eigenen Geschichte und Erfahrungen zu stellen, dabei kann eine Psychotherapie helfen.

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Wie können korrigierende Erfahrungen dabei helfen, soziale Ängste oder eine soziale Phobie zu überwinden?

Korrigierende Erfahrungen, oft in Form von Expositionstherapie, sind entscheidend, um soziale Ängste zu bewältigen. Ein schrittweiser Ansatz ist ratsam, da eine zu schnelle Überforderung kontraproduktiv sein kann. Angenommen, du hast Schwierigkeiten, in einem Restaurant Essen zu bestellen, könntest du zunächst damit beginnen, nur dein Getränk zu bestellen oder den/die Kellner:in höflich zu begrüßen. Dabei kann anfangs ein Sicherheitsnetz hilfreich sein. Beispielsweise indem du einer vertrauten Person mitteilst, dass du versuchst, so eine Erfahrung zu sammeln. Im Restaurantbeispiel könntest du einer vertrauten Person mitteilen, was du bestellen möchtest, damit sie dich im Bedarfsfall unterstützen kann.

Du kannst Testsituationen für dich selbst kreieren, in denen du soziale Situationen üben kannst, ohne dich unwohl zu fühlen. Versuch deine Komfortzone zu verlassen. Ein Beispiel wäre, in deinen Lieblingsbuchladen zu gehen und dich von den Buchhändler:innen beraten zu lassen. Dies ermöglicht dir, deine sozialen Fähigkeiten in einer vertrauten Umgebung zu verbessern und gleichzeitig deinen eigenen Komfort zu wahren.

Mutige Menschen zeichnen sich nicht dadurch aus, dass sie keine Angst empfinden, sondern dadurch, dass sie trotz ihrer Ängste handeln. Bedeutsam ist, eine Meta-Perspektive einzunehmen und zu verstehen, dass Sicherheitsverhalten kurzfristig eine gewisse Erleichterung verschaffen kann, aber langfristig hinderlich ist. 

In der kognitiven Verhaltenstherapie werden solche korrigierenden Erfahrungen als Exposition bezeichnet, wobei es darum geht, der eigenen Angst bewusst zu begegnen. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, nicht nur kurz in die angstauslösende Situation zu gehen, sondern sich bewusst und ausdauernd in ihr aufzuhalten, bis die körperliche Angstreaktion nachlässt. Der Schlüsselmoment tritt ein, wenn die Angstreaktion trotz der anhaltenden Anwesenheit in der Situation abklingt. Dies sind die prägenden korrigierenden Erfahrungen, bei denen der Körper lernt, dass die Situation nicht bedrohlich ist.

Manchmal stellen wir fest, dass die Reaktionen anderer Menschen in solchen Situationen gar nicht so schlimm waren, wie wir sie uns zuvor vorgestellt haben. In anderen Fällen mögen die Reaktionen tatsächlich negativ sein. Doch auch daraus können wir lernen, dass diese Reaktionen uns nicht bedrohen. Wir können sie aushalten und überleben.

Die Expositionstherapie ist dabei nicht schwarz-weiß. Sie erlaubt es uns, die Expositionssituationen individuell zu gestalten, sie anzupassen und gegebenenfalls zu steigern oder zu reduzieren. Das ultimative Ziel dieser Therapie ist es nicht, keine Angst mehr zu verspüren, denn das wäre unrealistisch und nicht funktional. Ängste haben grundsätzlich ihre Berechtigung, auch soziale Ängste. Sie können dazu dienen, unser Verhalten in sozialen Situationen zu regulieren. Das eigentliche Ziel besteht aber darin, unsere Handlungsspielräume zu erweitern, so dass wir das, was wir tun möchten, ohne Einschränkungen erreichen können.

Wenn du vermutest, dass du an einer sozialen Phobie leidest, wende dich für eine Diagnostik und eine passende Behandlungsform an einen Psychotherapeuten oder eine Psychotherapeutin!

Zwänge und Zwangsstörungen – wie gelingt ein guter Umgang?

Irgendwie kennt man diese Unsicherheit, ob der Herd wirklich aus oder die Fenster wirklich verschlossen sind. Als Kind gab es dieses Spiel, bei dem man nicht auf die Lücke zwischen zwei Steinen treten durfte und vielleicht wäscht man sich etwas häufiger die Hände als andere Personen im Umfeld. Aber was ist, wenn man sich die Hände wäscht, bis sie völlig wund sind und man über zwei Stunden damit verbringt zu kontrollieren, ob die Fenster verschlossen sind, bevor man das Haus verlässt? Was ist, wenn Zwänge den ganzen Alltag bestimmen?

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Was sind Zwangsstörungen?

Ein Zwang ist das innere Bedürfnis, bestimmte Gedanken zu denken oder Handlungen auszuführen. Es wird zwischen Zwangsgedanken und Zwangshandlungen unterschieden.

Bei Zwangsgedanken müssen dieselben Gedanken immer wieder durchdacht werden oder bestimmte Bilder tauchen immer wieder vor dem inneren Auge auf. Diese Gedanken oder Bilder lassen sich kaum unterdrücken. Zwangsgedanken lösen oft Ängste oder Befürchtungen aus und können z.B. die ständige Sorge sein, vergessen zu haben, den Herd auszuschalten. Andere Beispiele sind Ängste vor einer Infektion mit einer Krankheit, „verbotene“ sexuelle Gedanken oder der Gedanke daran, sich selbst oder anderen Schaden zuzufügen (sogenannte “aggressive Zwangsgedanken”). Sie werden oft von einer starken Angst vor dem befürchteten Ereignis begleitet, z.B. einen Brand auszulösen.

Zwangshandlungen sind mit bestimmten Tätigkeiten wie dem Kontrollieren des Herdes verbunden. Die Zwangshandlung ist dann eine Maßnahme, um diese Angst zu bewältigen. Zu Zwangshandlungen können auch gedankliche Rituale gehören (sogenannte “verdeckte Zwangshandlungen”), wie z.B. Dinge, Handlungen oder Schritte immer wieder zwingend zu zählen. Am häufigsten kommen Kontrollzwänge und Waschzwänge, gefolgt von Zählzwängen und zwanghaftem Fragen vor. Zwangshandlungen können auch unabhängig von Zwangsgedanken auftreten. Wird die Zwangshandlung nicht ausgeführt, leiden Betroffene unter Unruhe, Angespanntheit oder Ängsten. Die Zwangshandlung dient also der Reduktion von Anspannung. Betroffene Personen sind sich ihrer Zwänge meist bewusst und empfinden den Gedanken oder die Handlung als unangenehm und manchmal auch als sinnlos. Das kann eine zusätzliche psychische Belastung darstellen.

Als problematisch bzw. zwanghaft gilt eine Handlung oder ein Gedanke dann, wenn er als unangenehm erlebt, wird, man trotz des Versuchs, dem Impuls nicht nachzugeben, nicht dagegen ankommt und die Lebensführung und Lebensqualität dadurch eingeschränkt werden. 

Wann treten Zwänge auf und wie entwickeln sie sich?

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Zwangsstörungen können in jedem Alter auftreten. Am häufigsten beginnen sie jedoch ungefähr im Alter von 20 Jahren. Bereits während der Pubertät manifestiert sich die Zwangsstörung bei einem Drittel der Betroffenen. Eine Zwangsstörung entwickelt sich oft allmählich. Im Laufe der Zeit bemerken Betroffene auch, dass sie zunehmend viel Zeit für Zwangshandlungen aufwenden müssen und dass Zwangsgedanken nur schwer wieder verschwinden. Dies geschieht oft aufgrund eines starken, nicht verarbeiteten Gefühls des Kontrollverlustes.

Eine Zwangsstörung weist in der Regel einen chronischen Verlauf auf, wobei es gelegentlich Perioden gibt, in denen die Symptome milder oder schwerwiegender sind. Zwischen diesen Phasen können auch symptomfreie Zeiträume auftreten. Die Art und Weise der Zwangshandlungen kann sich im Laufe der Zeit gelegentlich verändern.

Welche Beeinträchtigungen entstehen durch Zwänge?

Zwänge gehen oft mit intensiven emotionalen Leiden einher, was sich in starken Ängsten und häufig auch depressiven Symptomen bei den Betroffenen äußert. Der Versuch, die Zwänge unter Kontrolle zu bringen, führt zu erheblichem Stress. Zudem haben Menschen mit Zwangsstörungen ein erhöhtes Risiko für suizidales Verhalten. Die Zwänge können den Alltag der Betroffenen so stark beeinflussen, dass alles sich nur noch um sie dreht. Dies kann zu Problemen in verschiedenen Lebensbereichen führen, darunter Arbeit, Partnerschaft und Familie. Es fällt schwer, alltäglichen Verpflichtungen nachzukommen, und Freizeitaktivitäten bereiten weniger Freude.

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Welche Ursachen gibt es für Zwangsstörungen?

Zwangsstörungen haben wahrscheinlich unterschiedliche Ursachen, die auch zusammenwirken können. Dazu gehören genetische und neurobiologische Faktoren. Auch schwierige Lebensereignisse oder Krisen können ein Auslöser sein. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass man in diesen Phasen einen Kontrollverlust erfährt, der durch die Zwänge überkompensiert wird. Beispielsweise liegt es außerhalb meiner direkten Kontrolle, ob sich eine Pandemie ausbreitet oder nicht, aber ich kann kontrollieren, wie oft ich mir die Hände wasche. Darüber hinaus besteht ein Zusammenhang zu Persönlichkeitseigenschaften (z.B. eine hohe Gewissenhaftigkeit) und verschiedenen Prägungen, wie z.B. hohes Kontrollbedürfnis, Perfektionismus oder das Gefühl, für alles verantwortlich zu sein.

Des Weiteren gehen lerntheoretische Modelle davon aus, dass Zwänge aus einer dysfunktionalen Bewertung und Bewältigung von eigentlich “normalen” Gedanken entstehen. Hier ein Beispiel: Es tritt ein gewöhnlicher Gedanke auf (“Habe ich vergessen, den Herd auszuschalten?”), der als negativ bewertet  wird (“Oh nein, der Herd könnte noch an sein!”). Dadurch entsteht ein Gefühl von Unruhe, Angst, Anspannung (“Bestimmt brennt gleich meine Wohnung ab!”). Die Zwangshandlung wird ausgeführt, um diese unangenehmen Gefühle zu bewältigen und kurzfristig zu reduzieren (“Wenn ich 20 mal den Herd überprüfe, bevor ich aus dem Haus gehe, fühle ich mich besser.”). Da die befürchtete Katastrophe nicht eintritt, hält man immer wieder an dieser Bewältigung fest und es entwickelt sich ein Teufelskreis aus Zwang und Angst. Durch ständiges Wiederholen eines Musters verfestigt es sich. 

Wie können Zwangsstörungen behandelt werden?

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Es ist oft eine Herausforderung, Zwangsstörungen vollständig zu heilen, doch es gibt dennoch einige Methoden, die dazu beitragen können, die Symptome erheblich zu lindern und somit auch das Leiden zu verringern. Der wichtigste Punkt ist die Psychotherapie, insbesondere verhaltenstherapeutische Techniken. Als erster Schritt erfolgt oft die Psychoedukation. Das bedeutet, dass die Betroffenen Informationen über ihre spezifische Erkrankung in diesem Fall Zwangsstörungen erhalten. Denn es kann sehr hilfreich sein, sich dem Teufelskreis dahinter bewusst zu werden.

Eine zentrale Technik der Verhaltenstherapie ist die Konfrontation und Reaktionsverhinderung. Sie beinhaltet, dass die Betroffenen bewusst den bisher gefürchteten Auslösern (dem Verlassen des Hauses, ohne den Herd zu überprüfen) ausgesetzt werden, während gleichzeitig die zwanghafte Reaktion unterlassen wird. Dies zielt darauf ab, dass die Person die Erfahrung macht, dass die Angst von alleine abklingt und das befürchtete Ereignis nicht eintritt, selbst wenn die zwanghafte Handlung nicht ausgeführt wird. Bei Zwangsgedanken versuchen sich die Betroffenen, die Gedanken aktiv ins Bewusstsein zu rufen und sie “auszuhalten”. Zudem versucht man an der Interpretation der auftretenden Gedanken zu arbeiten (Wäre es so schlimm, wenn ich etwas vergessen hätte / mich anstecken würde / …?) und macht einen kleinen Realitätscheck.

Ergänzend können auch Entspannungstechniken z.B. Meditation, Autogenes Training etc. helfen, um generell die Angst- und Spannungszustände zu reduzieren. Zusätzlich können Betroffene teilweise auch medikamentös, meist mit Antidepressiva behandelt werden. Psychische Entlastung kann auch durch den Austausch mit anderen Betroffenen im Rahmen einer Selbsthilfegruppe erfolgen.  

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Wie kann ich mich verhalten, wenn eine mir nahestehende Person an Zwangsstörungen leidet?

Ganz grundsätzlich kann es zum Verständnis der anderen Person und ihrer Umstände beitragen, wenn man sich über die Erkrankung informiert. Vielleicht hilft es der Person, wenn man Mitgefühl, Verständnis und Gesprächsbereitschaft zeigt oder auch aktiv Unterstützung anbietet. Sollte die Person noch keine Diagnose haben, könnte insbesondere Unterstützung bei der Suche nach einem Therapieplatz wichtig sein, wenn sie diese annehmen möchte. Wichtig ist, im Austausch miteinander zu bleiben und die Bedürfnisse beider Seiten zu kommunizieren. Man sollte auch nicht vergessen, auf sich selbst aufzupassen.

Die Unterstützung einer nahestehenden Person mit einer Zwangsstörung kann emotional belastend sein. Bei Bedarf kann man sich selbst Unterstützung suchen. Es gibt Selbsthilfegruppen für Menschen mit Zwangsstörungen und ihre Angehörigen. Das Teilen von Erfahrungen mit anderen Betroffenen kann hilfreich sein. Wie bei den meisten Erkrankungen braucht es auch hier Geduld und es kann im Therapieverlauf bessere und schlechtere Zeiten geben. Zwangsstörungen sind behandelbar, und mit der richtigen Hilfe und Unterstützung kann man die Symptome besser bewältigen und sich auf den Weg der Genesung begeben.

Endlich ich selbst! Coming Out!

„Coming Out“  auf deutsch “herauskommen” bezieht sich auf den Prozess, in dem eine Person ihre nicht heteronormative sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität offenbart. Heteronormativität ist eine Weltanschauung, die davon ausgeht, dass es nur zwei Geschlechter gibt und nur heterosexuelle Beziehungen anerkennt. Das kann dazu führen, dass nicht-heterosexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten als abweichend oder weniger gültig betrachtet werden. Dies kann wiederum Diskriminierung, Unsichtbarkeit und Vorurteile gegenüber betroffenen Personen zur Folge haben.

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Der Ausdruck  “Coming out” bezieht sich ursprünglich auf „Coming out of the closet“. Die Verwendung des Begriffs „Closet“ (Schrank) stammt aus Zeiten, in denen z.B. Homosexualität stark tabuisiert und oft kriminalisiert wurde. Für viele Menschen war es notwendig, ihre wahren Gefühle und Identitäten vor anderen zu verbergen, um Diskriminierung, soziale Ausgrenzung oder sogar rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Der Schrank repräsentierte daher symbolisch den Zustand der Geheimhaltung.“Coming out of the closet“, sprich aus dem metaphorischen Schrank herauszutreten, bedeutet anderen zu zeigen, wer man wirklich ist.

Kurze Begriffsklärungen: Das ABC des LGBTQIA+

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LGBTQIA steht für unterschiedliche Begriffe, die dazu verwendet werden, sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten zu umfassen. Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer, Intersexual, Asexuell. Das Plus am Ende dient als Platzhalter für weitere Identitäten. 
Hier ist eine Erklärung für jeden Buchstaben in der Abkürzung:

L Lesbian / Lesbisch: bezieht sich auf Frauen, die sich romantisch und sexuell zu anderen Frauen hingezogen fühlen.


G Gay / Schwul: bezieht sich auf Männer, die sich romantisch und sexuell zu anderen Männern hingezogen fühlen.


B Bisexual / Bisexuell: bezieht sich auf Menschen, die sich romantisch und sexuell zu Personen jeglichen Geschlechts hingezogen fühlen.



T Transgender : bezieht sich auf Personen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Das betrifft zum Beispiel Personen, die bei der Geburt als männlich klassifiziert wurden, sich jedoch als Frau identifizieren.

Q Queer: Oberbegriff für Personen, die nicht der zweigeschlechtlichen, cis-geschlechtlichen und/oder heterosexuellen Norm entsprechen.


I Intersexual / Intersex: bezieht sich auf Menschen, die körperliche Merkmale haben, die nicht eindeutig männlich oder weiblich sind. Intersexuelle Menschen können sich als männlich, weiblich oder in anderer Weise identifizieren.

A Asexual / Asexuell: Dies bezieht sich auf Menschen, die wenig bis gar kein sexuelles Verlangen oder Interesse an sexuellen Beziehungen haben.

+ Das Pluszeichen (+) am Ende der Abkürzung steht symbolisch für weitere Identitäten und Ausdrucksformen, die nicht in den Hauptbuchstaben enthalten sind, aber dennoch in der LGBTQIA+ Community vertreten sind.

Herausforderungen beim Coming Out

Queere Personen  haben bis zum Coming Out vor Verwandten und Freunden oft einen langen Weg des inneren Coming Outs hinter sich. Sie haben innere Ängste, Zweifel und Unsicherheiten überwunden und ein authentisches Selbstbewusstsein entwickelt. Das innere Coming Out bedeutet, dass jemand beginnt, seine eigene Identität zu verstehen, zu akzeptieren und sich damit wohlzufühlen. Diese innere Identität nach außen zu tragen, kann mit verschiedenen Emotionen und Herausforderungen verbunden sein, da die Reaktionen der Menschen unterschiedlich ausfallen können.

Betroffene haben oft Angst vor Ablehnung, Diskriminierung oder Gewalt durch nahestehende Personen oder der Gesellschaft im Allgemeinen. Solche Erfahrungen zu machen kann traumatisch sein. Zudem besteht die Sorge, Freund:innen oder die Unterstützung von Familienmitgliedern zu verlieren. Dies kann schließlich zu Einsamkeit und Isolation führen. Sie leiden unter dem Druck, das eigene Leben und die eigene Identität zu verbergen, um Akzeptanz zu erlangen oder Gewalt zu vermeiden.

Ein Hindernis beim Coming Out kann ein Mangel an Ressourcen und Unterstützung sein, insbesondere für Jugendliche. Die Belastung und die emotionalen Herausforderungen, die mit dem Coming Out einhergehen, können dazu beitragen, bereits bestehende Angstzustände oder Depressionen zu verstärken.

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Chancen eines Coming Outs 

Queere Personen  haben bis zum Coming Out vor Verwandten und Freunden oft einen langen Weg des inneren Coming Outs hinter sich. Sie haben innere Ängste, Zweifel und Unsicherheiten überwunden und ein authentisches Selbstbewusstsein entwickelt. Das innere Coming Out bedeutet, dass jemand beginnt, seine eigene Identität zu verstehen, zu akzeptieren und sich damit wohlzufühlen. Diese innere Identität nach außen zu tragen, kann mit verschiedenen Emotionen und Herausforderungen verbunden sein, da die Reaktionen der Menschen unterschiedlich ausfallen können. Betroffene haben oft Angst vor Ablehnung, Diskriminierung oder Gewalt durch nahestehende Personen oder der Gesellschaft im Allgemeinen.

Solche Erfahrungen zu machen kann traumatisch sein. Zudem besteht die Sorge, Freund:innen oder die Unterstützung von Familienmitgliedern zu verlieren. Dies kann schließlich zu Einsamkeit und Isolation führen. Sie leiden unter dem Druck, das eigene Leben und die eigene Identität zu verbergen, um Akzeptanz zu erlangen oder Gewalt zu vermeiden. Ein Hindernis beim Coming Out kann ein Mangel an Ressourcen und Unterstützung sein, insbesondere für Jugendliche. Die Belastung und die emotionalen Herausforderungen, die mit dem Coming Out einhergehen, können dazu beitragen, bereits bestehende Angstzustände oder Depressionen zu verstärken.

Chancen eines Coming Outs 

Das Verbergen der eigenen Identität kann zu erheblichem Stress und Angst führen. Das Coming Out ermöglicht es queeren Personen, diese Belastung abzulegen und so Stress und Angstzustände zu reduzieren. Sich so anzunehmen und zeigen, wie man ist, kann sehr befreiend und erleichternd sein. So kann ein Coming Out die Selbstachtung und Selbstakzeptanz steigern.

Das Überwinden von Ängsten und Hindernissen beim Coming Out kann das Selbstvertrauen stärken und die Fähigkeit zur Bewältigung von Herausforderungen fördern. Außerdem kann sich das soziale Netzwerk verbessern, indem man Teil einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten werden kann. Diese Gemeinschaft kann eine wertvolle Quelle für Unterstützung und Freundschaft sein, die das Wohlbefinden und die Lebensqualität erheblich steigert. Gleichzeitig können bereits bestehende Beziehungen zu Freund:innen und Familienmitgliedern noch einmal vertieft werden.

Tipps für Menschen, die vor dem Coming-out stehen

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Es ist wichtig, dir bewusst zu machen, dass dein Coming-out eine individuelle und persönliche Entscheidung sowie Erfahrung ist. Du solltest dich also von niemandem darüber belehren lassen, wann, wo, wie, etc. du es tun solltest. Mach es auf deine eigene Art und Weise und in deinem eigenen Tempo. Wenn du dich noch nicht bereit fühlst, musst du dich (noch) nicht outen. 

Nimm dir die Zeit, die du brauchst, um dich auf die Veränderung vorzubereiten und dir zu  überlegen, was und wie du es sagen willst. Vielleicht hilft es dir auch, mit einer vertrauten Person zu “üben”. Das gibt dir die Möglichkeit, Schritt für Schritt Unterstützung zu finden. Es könnte passieren, dass du auf negative Reaktionen triffst. Es kann dir helfen, dich darauf vorzubereiten und zu überlegen, wie du darauf reagieren möchtest. Eine Möglichkeit, dich darauf vorzubereiten, ist, vorab queere Themen anzusprechen, um herauszufinden, wie die Personen in deinem Umfeld damit umgehen.

Wenn du dich unsicher fühlst, kann es dir helfen, mit einer einzigen Person anzufangen. Wähle jemanden aus, bei dem du sicher bist oder eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass er/sie positiv reagiert. Es könnte auch jemand sein, der selbst queer ist und bereits geoutet ist. Diese Person kann dir bei weiteren Coming Outs zur Seite stehen und so könnt ihr gemeinsam ein Support-Netzwerk aufbauen. Alternativ zu einem Gespräch kannst du auch einen Coming Out-Brief schreiben, wenn du dich damit wohler fühlst. Verbindungen zu anderen LGBTQIA+-Personen herzustellen und zu erfahren, wie sie ihre Coming-Out-Erfahrung bewältigt haben, kann dir auch helfen.

Es existieren zahlreiche Online-Communities, die Unterstützung und Ressourcen zur Verfügung stellen. Beispielsweise findest du unter www.deincomingout.de/fuer-betroffene Ratgeber zum Coming-out in verschiedenen Kontexten. Es ist ratsam, sich über die rechtlichen Aspekte deines Coming Outs zu informieren, vor allem in Bezug auf Arbeit und Wohnen. Es bestehen rechtliche Schutzmechanismen, die vor Diskriminierung bewahren, wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Trotz der Herausforderungen, die mit dem Coming Out einhergehen können, birgt es auch viele positive Seiten, auf die du dich konzentrieren kannst. Dazu gehören eine gesteigerte Selbstakzeptanz und die Chance, authentischer zu leben. Es ist immer sinnvoll, Selbstfürsorge zu zeigen, besonders in schwierigen Zeiten. Falls es dir sehr schwerfällt, mit dem Coming-Out zurechtzukommen, besteht die Option, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Es gibt zahlreiche Therapeuten und Berater, die auf LGBTQIA+-Themen spezialisiert sind und Hilfe anbieten können.

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Wie kann ich angemessen reagieren, wenn sich eine Person bei mir outet?

Hier sind einige Tipps, die du berücksichtigen kannst, um unterstützend auf das Coming Out einer anderen Person zu reagieren: Beginne damit, dich für das Vertrauen zu bedanken, dass dir die Person entgegengebracht hat. Ermutige sie sich in ihrer Identität gestärkt zu fühlen. Frag vorsichtig nach, ob die Person bereit ist, mehr über ihre Erfahrungen zu teilen, und sei sensibel, wenn du Nachfragen stellst. Gib ihr Raum, ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken. Erkundige dich, wie es der Person nach dem Coming Out geht. Zeige Empathie und Interesse an ihrem Wohlbefinden. Versichere der Person, dass du für sie da bist und sie unterstützen wirst, wann immer sie dich braucht. Schaffe eine Atmosphäre des Verständnisses und der Offenheit. Zusätzlich kannst du dich über LGBTQIA+-Themen informieren und dich für Gleichstellung und Akzeptanz engagieren.

Dir fehlen die Worte? 

Was man z.B. sagen kann: 

  • “Ich bin sehr froh, dass du es mir erzählt hast und ich bin immer für dich da.”
  • “Ich stehe bei allem hinter dir, was dich glücklich macht”.
  • “Du musst nicht weiter darüber sprechen, aber ich bin immer für dich da, wenn du reden möchtest.”

Sätze, die man beim Coming Out lieber nicht sagt:

Es ist wichtig zu verstehen, dass das Coming Out für viele queere Menschen einen bedeutsamen Schritt darstellt und keinesfalls mit dem Satz „Das spielt keine Rolle für mich.“ abgetan werden sollte. Vermeide zu sagen: „Ich wusste das schon immer.” oder „Stehst du jetzt auf mich?“. Es kann auch sehr herabwürdigend sein zu fragen,  ob das eine Phase ist oder ob die Person sich sicher ist. Sei nicht verärgert, dass du “erst jetzt” darüber informiert wurdest. Wenn du den Drang verspürst, einen negativen Kommentar abzugeben, halte dich zurück und nimm dir Zeit, dich mit diesem Impuls auseinanderzusetzen. Respektiere die Gefühle und Erfahrungen der Person und sei sensibel und unterstützend, während sie sich dir so öffnet. 

Wie wird man zum Ally / Was kann ich als nicht-queere Person tun?

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Für die LGBTQIA+ ist ein “Ally” (auf deutsch: Verbündte:r) eine Person die sich bewusst und aktiv dafür einsetzt, Unterstützung, Verständnis und Gleichbehandlung für die LGBTQ+-Gemeinschaft zu fördern, obwohl sie selbst nicht queer ist. 

Indem du queeren Menschen zuhörst und beachtest, dass nicht immer nach deiner Meinung oder Zustimmung gefragt wird, kannst du dein Interesse ausdrücken. Es lohnt sich zusätzlich, dich selbst zu informieren und fortzubilden. Vielleicht setzt du dich auch noch mal mit der Nutzung inklusiver Sprache auseinander. Es kann auch die Pronomen-Angabe normalisiern, wenn du dich mit deinen Pronomen vorstellst, obwohl du cis bist. Wenn du auf diskriminierende Situationen stößt, wie zum Beispiel queerfeindliche Witze oder Beleidigungen, sowie die fehlerhafte Verwendung von Pronomen, kannst du aktiv handeln und dich für queere Personen einsetzen.

Das ermöglicht einen respektvollen Umgang mit queeren Menschen. Einige queere Menschen leiden auch unter Fetischisierung. Nur weil ein Mann homosexuell ist, heißt das nicht, dass er die klischee Version eines „schwulen besten Freundes“ sein möchte. Klischees und Stereotypen bewusst abzulegen ist genauso wichtig wie unvoreingenommen auf Personen einzugehen und nicht zu erwarten, dass sie heterosexuell oder cis sind. Sei bereit, aus Fehlern zu lernen und bleibe offen für Kritik und Feedback. 

Wie verhindere ich ein Burnout?

Ein hektischer Alltag, ständiger Leistungsdruck, ununterbrochene Erreichbarkeit – in unserer schnelllebigen Welt sind wir immer häufiger mit den Gefahren des Burnouts konfrontiert. Der Begriff „Burnout“ beschreibt nicht nur ein vorübergehendes Tief, sondern vielmehr einen Zustand der emotionalen, körperlichen und geistigen Erschöpfung, der durch chronischen Stress verursacht wird. Wir wollen heute einen genaueren Blick auf das Thema werfen und uns mit folgenden Fragen auseinandersetzen: Was bedeutet überhaupt Stress? Was ist überhaupt ein Burnout und was kann man gegen dagegen tun?

Was ist Stress?

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Stress kennen wir alle und irgendwie wissen wir vielleicht doch nicht genau, was da eigentlich mit uns passiert. Stress ist die natürliche Reaktion des Körpers auf Herausforderungen oder Belastungen. Ausgelöst wird dieses Gefühl, wenn wir den Eindruck haben, dass wir eine bedrohliche Situation mit unseren Ressourcen gerade nicht bewältigen können. Es folgen physiologische und psychologische Reaktionen, um sich anzupassen oder damit umzugehen. Kurzzeitiger Stress kann uns helfen, wenn wir z.B. hochkonzentriert in allerletzter Minute einen wichtige Aufgabe bei der Arbeit erledigen wollen. Kurzfristig steigern sich Herzfrequenz, Blutdruck und Stresshormone. Gleichzeitig fühlen wir uns gereizt, frustriert und ermüdet. Stress sorgt für Leistungsschwankungen und reduziert auch die Konzentration. Langfristiger Stress kann gesundheitliche Probleme wie Depression, Ängstlichkeit und Burnout verursachen. Aber was ist eigentlich ein Burnout?

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Was ist ein Burnout?

Burnout ist ein besonderer Zustand berufsbezogener chronischer Erschöpfung. Die Entstehung ist meist schleichend und basiert auf chronischer Frustration, dem nicht erreichen eines Zieles oder zu hohen persönlichen Erwartungen an die eigene Leistungsfähigkeit. Unser Körper reagiert damit auf chronische Stressbelastungen und zieht einfach die Notbremse. Denn zu viel ist zu viel! Wenn wir uns keine Ruhe geben, dann zwingt uns unser Körper dazu. Das kann in jedem Beruf vorkommen. Dabei ist Burnout keine eigenständige Diagnose und wird als eine Art von Depression behandelt. Beispielhafte Symptome sind Gefühle des Ausgebrannt-Seins, seelischer und körperlicher Erschöpfung, Nervosität, Angespanntheit und schlechter Schlaf. 

Die drei Leitsymptome eines Burnouts sind:

1.

Emotionale Erschöpfung


Emotionale Erschöpfung zeigt sich durch zwischenmenschliche Anforderungen, die eine Person vereinen muss. Gefühle der Überforderung kommen auf und Betroffene fühlen sich ausgelaugt und müde.

2.

Depersonalisierung


Depersonalisierung bedeutet, dass die Betroffenen eine zunehmende Gleichgültigkeit und Distanzierung gegenüber ihrer Arbeit, Kollegen oder sozialen Kontakten entwickeln. Sie zeigen eine gewisse Entfremdung und negative Einstellungen, sowie gefühlslose und abgestumpfte Reaktionen.

3.

Reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit


Reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit meint einen wahrgenommenen Leistungsabfall. Betroffene bewerten ihre Arbeitsleistung als negativ und tendieren dazu, einen schwachen beruflichen Selbstwert zu entwickeln.

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Wodurch entsteht ein Burnout?

Viele Faktoren wie Arbeitsbedingungen, Arbeitsbelastung, Autonomie am Arbeitsplatz und soziale Unterstützung können einen Einfluss auf die Entstehung eines Burnouts haben. Zusätzlich zu diesen äußeren Faktoren sind auch innere Faktoren entscheidend. Wenn wir z.B. dazu tendieren, uns übermäßig an die Erwartungen unserer sozialen Umgebung anpassen, kann es schnell passieren, dass wir unsere Bedürfnisse unterdrücken. Statt sich einen freien Nachmittag zu nehmen, meldet man sich vielleicht freiwillig noch zum Kuchenverkauf beim Sommerfest der Kinder oder macht noch ein paar Überstunden.

Personen, die anfällig für einen Burnout sind, haben oft Probleme damit “nein” zu sagen. Das hängt auch damit zusammen, dass eigene Grenzen nicht gespürt und folglich auch nicht durchgesetzt werden. In der Entstehung des Burnouts ist ebenfalls das Selbstwertgefühl zentral. Wir lernen als Kinder Glaubenssätze, die uns ein Leben lang begleiten, wie z.B. “Ich muss etwas leisten, um geliebt zu werden!”. Wenn man solche Sätze immer im Hinterkopf hat, dann kann es sein, dass der eigene Selbstwert extrem von Leistungen und Erfolgen abhängig ist. Durch all diese Faktoren kann es zu einer Überbelastung mit beruflichen oder auch privaten Aufgaben und dadurch schließlich zum Burnout kommen.

Betroffen? Das kannst du tun:

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Wer sich in den Symptomen wiedererkennt, sollte sich auf jeden Fall ärztlich beraten lassen! Es ist wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn man das Gefühl hat, dass man alleine nicht weiterkommt. Eine Psychotherapie kann helfen, die Symptome zu lindern und Wege zu finden, um die Arbeits- und Lebenssituation zu verbessern. Wenn wir erste Anzeichen von Burnout bemerken, können wir bereits präventiv dagegen vorgehen. Es ist wichtig, gesunde Bewältigungsstrategien zu üben, damit wir in schwierigen Zeiten darauf zurückgreifen können.

1.

Suche Unterstützung

Sprich mit deiner Familie, Freund:innen, Kolleg:innen oder professionellen Therapeut:innen. Es ist von Bedeutung, dass du dich nicht isoliert und jemanden hast, der dir Beistand leistet.

2.

Sei achtsam

Übe dich darin, bewusst im gegenwärtigen Moment zu sein und aufmerksam auf deine Gedanken, Gefühle und Umgebung zu achten, ohne zu urteilen. Es geht darum, sich ohne Ablenkung auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Das kann dir helfen, deine Gefühle und Stress-Signalen besser zu spüren.

3.

Lasse Gefühle zu

Öffne dich auch für die Gefühle, die dich begleiten, und nimm deine eigenen Empfindungen ernst. Das Abtun von Belastungen als „nicht so schlimm“ kann zu einer Abwärtsspirale führen. Zeige Mitgefühl mit dir und gib deinen Gefühlen einen Raum. Frage dich: Was brauche ich gerade?

4.

Setze Grenzen

Setze Prioritäten und überlege, welche Verpflichtungen und Aktivitäten wirklich wichtig für dich sind und welche deine Zeit und Energie überfordern könnten. Du kannst um Bedenkzeit bitten, um die Anfrage zu überdenken, bevor du eine Entscheidung triffst. Wenn du zu etwas nein sagen möchtest, ist eine klare und direkte Kommunikation wichtig. Vermeide vage oder ambivalente Antworten. Wie bei allem im Leben gilt: Übung macht den Meister! Starte mit kleineren Dingen, bei denen du „nein“ sagen möchtest. Je öfter du Grenzen setzt, desto selbstverständlicher wird es, und du wirst darin immer besser.

5.

Betreibe Selbstfürsorge

Erlaube dir Pausen und Raum für Aktivitäten, die dir Freude bereiten.   Mache dir eine Liste von kleinen oder großen angenehmen Aktivitäten im Alltag. Was macht dir Spaß? Lesen, Tee trinken, Gitarre spielen, ins Kino gehen, dir morgens länger Zeit zum Schminken und Anziehen nehmen, Spaziergänge in der Natur, Meditation oder Hobbys? Sport kann ebenfalls eine wertvolle Ausgleichsmöglichkeit sein, solange er nicht mit zu viel Leistungsdruck verbunden ist. 

6.

Schaffe dir Routinen

Indem du zum Beispiel regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf in deine Routine integrierst, kannst du deine Widerstandskraft gegenüber Stress stärken.

7.

Nutze Entspannungstechniken

Techniken wie Meditationen, progressive Muskelentspannung oder Atemübungen können helfen, deine Stressreaktion zu mindern und dich zu beruhigen.

8.

Mache dir deine Glaubenssätze bewusst und arbeite an ihnen

Für diesen Prozess ist es ratsam, sich Unterstützung durch einen Therapeuten oder eine Therapeutin zu suchen. „Ich muss etwas leisten, um geliebt zu werden!” wird zu “Ich bin liebenswert, so wie ich bin”. Vielleicht fällt dir jetzt direkt ein Satz ein, der dich begleitet. Finde eine Möglichkeit, ihn umzuformulieren. Dabei sollten keine Verneinungen benutzt werden. Deinen neuen Satz kannst du verinnerlichen, indem du ihn dir immer wieder zu dir sagst. Ein Klebezettel am Badezimmerschrank oder ein Handy Hintergrundbild können als Erinnerung helfen. 

9.

Analysiere deine Arbeitsbelastung

Wenn du das Gefühl hast, dass deine beruflichen Aufgaben dich überfordern, ist es ratsam, mit deinem oder deiner Vorgesetzten zu sprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um die Belastung zu verringern.  Dafür kann auch der Betriebsrat zur Unterstützung herangezogen werden. Je nach Arbeitsplatz gibt es vielleicht auch eine psychosoziale Beratungsstelle. 

Diese Liste an Maßnahmen kann jetzt natürlich wie ganz schön viel Arbeit wirken. Nimm dir Zeit um Schritt für Schritt Dinge in deinen Alltag zu integrieren und versuche nicht alles auf einmal umzusetzen. Sei nicht hart zu dir, wenn irgendwas in der Umsetzung nicht gleich klappt. Es geht nicht darum dich mit zusätzlichen Aufgaben zu stressen, sondern einen liebevollen Umgang mit dir selber zu pflegen. 

Wenn du noch mehr darüber erfahren möchtest, wie Stress entsteht, wieso wir Menschen überhaupt Stress empfinden und was du machen kannst, um deinen Stress zu reduzieren, könnte dir der Kurs „Stressbewältigung“ von der Stefanie Stahl Akademie weiterhelfen. Schau doch einfach mal vorbei!

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Bin ich faul? Die wahren Gründe hinter Prokrastination

Sicher kennst du das auch: Du hast eine wichtige Abgabe auf der Arbeit oder für die Uni, aber natürlich wird erst einmal durch Social Media gescrollt. Die Deadline rückt immer näher, du schiebst dann kurz vorher noch ein paar Nachtschichten, bist nach der Abgabe körperlich und psychisch k. o. und nimmst dir vor, „Beim nächsten Mal auf jeden Fall früher anzufangen”. Dabei weißt du, dass das nicht passieren wird. 

Prokrastination boomt momentan – also nicht das Prokrastinieren an sich (das tun wir Menschen schon lange), sondern die Aufmerksamkeit rund um das Thema. Sehen wir ein Video oder Reel über jemand anderen, der/die prokrastiniert, fühlen wir uns verstanden. Das Thema scheint viele zu beschäftigen. Wieso ist das so? Sind wir einfach faul? Und was können wir dagegen tun?

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Was ist Prokrastination überhaupt?

Prokrastination ist die wissenschaftliche Bezeichnung für pathologisches Aufschiebeverhalten. Wichtig: Wir sprechen häufig von Prokrastination, sobald wir Aufgaben vertagen. Jedoch ist Prokrastination streng genommen das Aufschieben von Aufgaben mit Krankheitswert. Wir beschäftigen uns in diesem Beitrag mit dem Thema “Prokrastination”, auch wenn wir damit nicht immer diese Form von Aufschiebung meinen. Ein wirkliches Problem ist Prokrastination spätestens, wenn sie psychische Folgen wie Dauerstress, Depressionen, Angststörungen oder zwischenmenschliche Probleme wie Unstimmigkeiten im Job oder an der Uni oder Streit mit anderen Personen mit sich bringt.

Heißt Prokrastination, dass ich faul und undiszipliniert bin?

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Hier gilt es genau hinzusehen! Wer faul ist, der genießt es einfach mal nichts zu tun und fühlt sich nicht wirklich schlecht dabei, seine Aufgaben zu vernachlässigen. Faulheit macht sich durch Energielosigkeit und den Zustand vorübergehender oder andauernder Gleichgültigkeit bemerkbar. Wer prokrastiniert, fühlt sich hingegen unwohl damit, überhaupt nichts zu tun und versucht, sich durch andere Aufgaben abzulenken. Außerdem geht Prokrastination häufig mit unterschwelligem Dauerstress einher, da die Betroffenen ihre Aufgaben für sehr wichtig halten, wohinter häufig Versagensangst steckt.

Was steckt dahinter?

Alles, was wir tun, hat eine Funktion. Auch wenn wir diese zunächst nicht sehen und sie nicht offensichtlich ist. Prokrastination ist häufig ein Schutzmechanismus vor Versagen und Angst: Wenn ich gar nichts tue, kann ich auch nicht versagen. Dies wird auch durch Studien bestätigt, die darauf hinweisen, dass Prokrastination mit einer erhöhten Aktivität der Amygdala einhergehen kann. Die Amygdala ist die Hirnregion, die für die  Prozessierung von (negativen) Emotionen, insbesondere Angst, zuständig ist. Empfinden wir Angst, haben wir drei Optionen: Fight, Flight und Freeze. Prokrastination ist eine Art Freeze-Verhalten. Außerdem reagiert unser Körper auf die kurzfristige Stressreduktion, die Prokrastination mit sich bringt, indem er dieses Verhalten als positiv bewertet, obwohl es langfristig zu negativen Konsequenzen führt. 

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Was sind die Gründe für Prokrastination?

Acht von zehn Deutschen (82 Prozent) haben schon finanzielle, berufliche oder gesundheitliche Nachteile erlitten, weil sie wichtige Dinge auf die lange Bank geschoben haben. Aber was treibt uns wirklich dazu, zu prokrastinieren? Gemäß einer  Studie des SINUS-Instituts sind die häufigsten Gründe für permanente Prokrastination die folgenden:

  • Fehlende Motivation (54% der Befragten)
  • Fehlende Zeit (40% der Befragten)
  • Aufgaben sind zu anstrengend (39% der Befragten)
  • Fehlende finanzielle Ressourcen (38% der Befragten)
  • Nicht wissen, wie man etwas anpacken soll (33% der Befragten)

Warum lernen wir nicht aus Prokrastination? 

Das Gemeine an Prokrastination: Während sie uns langfristig schadet, reduziert sie kurzzeitig negative Gefühle und Stress. Unser Körper vermerkt diese Stressreduzierung als etwas Positives. Den typischen Stress vor einer prokrastinierten Deadline (inklusive Nachtschichten und übermäßigem Koffeinkonsum) schieben wir dann häufig auf unsere nicht vorhandenen Fähigkeiten, die Aufgabe zu erledigen und nicht darauf, dass wir sie “einfach” nicht rechtzeitig begonnen haben. Die Folge: Wir sehen kein Problem an der Prokrastination. Aber was kann nun helfen, uns von der lästigen Aufschieberitis zu befreien?

Praktische Tipps um die Aufschieberitis zu besiegen

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Prokrastination ist keine eigenständige Krankheit und kann daher nicht direkt “geheilt” werden. Es gibt jedoch verschiedene Strategien, um mit Prokrastination umzugehen und sie zu verringern oder zu vermeiden.

1.

Motivation erfragen

Intrinsische Motivation spielt eine entscheidende Rolle, um Aufgaben zu erledigen. Es hilft, sich, die Frage zu stellen, warum man eine Aufgabe erlegen möchte. Falls die Aufgabe unklar erscheint, kann man sie in kleine Schritte aufteilen, um sie greifbarer zu machen.

2.

Kleinere Ziele setzen und den Erfolg visualisieren

Kleinere Ziele zu setzen, wird uns dabei helfen, die Aufgabe zu beginnen. Es bietet sich an, z. B. mit dem kleinsten Schritt, den man sofort erledigen kann, zu beginnen. Es ist auch hilfreich, sich mit jemandem zusammenzutun, um sich gegenseitig zu motivieren.  Visualisierung der erfolgreichen Erledigung der Aufgabe kann auch anspornend wirken.

3.

Eat the Frog!

Eine Auseinandersetzung mit dem unangenehmen Gefühl, das mit der Aufgabe verbunden ist, kann die Motivation steigern. Das „Eat the Frog“-Prinzip besagt, dass man die unangenehmste Aufgabe zuerst erledigen sollte.

4.

Selbstmitgefühl aufbringen

Ein mitfühlender Umgang mit Prokrastination ist wichtig, um sich nicht selbst zu bestrafen. Journaling kann helfen, die zugrundeliegenden Gründe für die Prokrastination zu erkennen.

5. 

Situation akzeptieren

Es ist ratsam, sich nicht als einen „Prokrastinierer“ zu bezeichnen, sondern den Stress anzuerkennen und nicht mit Ablenkungen zu meiden. 

6.

Pomodoro-Methode

Die Pomodoro-Methode ist eine Zeitmanagement-Technik, bei der man 25 Minuten lang konzentriert an einer Aufgabe arbeitet (ein Pomodoro) und danach fünf Minuten Pause macht. Nach vier Pomodoros folgt dann eine längere Pause. Diese Methode steigert die Produktivität und minimiert mögliche Ablenkungen.

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Fazit

Prokrastination ist kein Ausdruck von Faulheit, sondern ein komplexes Verhalten, das ganz unterschiedliche Ursachen haben kann. Indem wir uns mit den wahren Gründen hinter unserer Aufschieberitis auseinandersetzen, können wir lernen besser damit umzugehen und nicht so hart zu uns selbst zu sein.

Wie es sich anfühlt, wenn man hochsensibel ist

Am Samstagnachmittag in den Supermarkt? An einem heißen Tag mitten in der Menge zu einem Konzert abrocken oder auch nur das leise Summen des Kühlschranks in der Nacht einfach mal ignorieren? Was für viele Menschen keinen zweiten Gedanken wert ist, kann hochsensible Menschen vor große Herausforderungen stellen. Aber was Hochsensibilität überhaupt ist, ob du vielleicht auch davon betroffen bist und wie du damit bei dir selbst oder Menschen in deinem Umfeld umgehen kannst, erfährst du in diesem Beitrag. 

Hochsensibilität ist in aller Munde und scheint schon fast zu einem Modebegriff geworden zu sein. Für manche bedeutet es eine Erlösung, andere halten es für Quatsch – aber auch wenn das Konzept Hochsensibilität von gewissen anderen Konzepten (noch) nicht scharf abzugrenzen ist, ist es mittlerweile wissenschaftlich gut untersucht und belegt. Nichtsdestotrotz – und obwohl schätzungsweise 15-20% aller Menschen davon betroffen sind – stehen Sprüche wie “Mein Gott, du bist aber empfindlich”, “Stell dich nicht so an” oder “Mach doch nicht immer aus einer Mücke einen Elefanten” für Hochsensible leider oft noch an der Tagesordnung. Aber was ist Hochsensibilität eigentlich genau und wie entsteht sie?

Was bedeutet Hochsensibilität überhaupt?

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Definition

Das Konzept der Hochsensibilität geht auf die amerikanische Psychologin Elaine Aron zurück. Man versteht darunter eine verstärkte Sensibilität gegenüber inneren und äußeren Reizen, die mit einer erhöhten Informationsverarbeitung bzw. einer tieferen Verarbeitung sämtlicher Reize im Gehirn einhergeht. Das kann sich sowohl auf kognitive Informationen, emotionale Intensität oder auch äußere körperliche und sensorische Reize – zum Beispiel Gerüche, Geräusche, Berührungen, Schmerzen oder extreme Temperaturen –  beziehen. Hochsensible nehmen Reize also einerseits stärker wahr, verarbeiten sie tiefer und brauchen auch länger, um die Belastung durch die Reize wieder abzubauen. Das führt dazu, dass sie schneller reizüberflutet sind und für Dinge, die für andere ganz alltäglich sind, viel mehr Energie aufbringen müssen. Aufgrund ihrer erhöhten Sensibilität fühlen sich Hochsensible oft “falsch” und unverstanden, was dazu führen kann, dass sie ihre persönlichen Grenzen übergehen, um mithalten zu können. 

Hochsensibilität ist eine genetische Disposition, bei der innere (z.B. Gedanken oder Emotionen) sowie äußere (z.B. sensorische) Reize im Gehirn weniger stark gefiltert und tiefer verarbeitet werden. Es ist also eine sogenannte Neurodivergenz (wie z.B. auch ADHS oder Autismus), was bedeutet, dass die neurologische Entwicklung und Funktion der Betroffenen von der “typischen” Entwicklung und Funktion abweicht – eben in Bezug auf die Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen. Im Gegensatz zu ADHS oder Autismus ist Hochsensibilität aber nicht als Krankheit klassifiziert, weshalb es auch keine Hochsensibilitäts-Diagnose oder klinische Kriterien gibt. 

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Abgrenzungen

Hochsensibilität weist gewisse Überschneidungen mit anderen psychologischen Konzepten auf, wofür sie auch immer wieder kritisiert wird. 

Beispielsweise wird Hochsensibilität häufig mit Introversion gleichgesetzt. Sowohl Hochsensiblen als auch Introvertieren kann es im sozialen Kontext nämlich schnell mal zu viel werden. Tatsächlich ist die Mehrheit, nämlich ca. ⅔ aller Hochsensiblen introvertiert, es gibt jedoch auch extrovertierte Hochsensible. Diese genießen soziale Kontakte zwar und brauchen sie auch, um Energie zu tanken – trotzdem ist ihre Reizschwelle im Vergleich zu Nicht-Hochsensiblen niedriger und sie brauchen schneller mal eine Pause. 

Auch mit der Persönlichkeitseigenschaft Neurotizismus gibt es gewisse Überschneidungen. Personen mit einer neurotischen Disposition weisen ebenfalls oft eine hohe Emotionalität auf und sind daher auch tendenziell eher ängstlich, unruhig und reizbar – Symptome, welche auch bei Hochsensiblen auftreten können, wenn ihre Reizschwelle überschritten ist. Im Gegensatz zum Neurotizismus ist Hochsensibilität jedoch eine neurologische – und somit angeborene – Disposition, bei der Reize im Allgemeinen anders verarbeitet werden. Sie hat also zum einen andere Ursachen und geht zudem über Neurotizismus hinaus, da eben nicht nur Emotionen, auch äußere Reize wie Gerüche, Geschmäcker oder Geräusche tiefer verarbeitet werden. 

Auch ein niedriges Selbstwertgefühl kann ähnliche Symptome wie Hochsensibilität aufweisen – zum Beispiel ebenfalls durch eine erhöhte negative Emotionalität, Empfindsamkeit und Kränkbarkeit. Hier gilt aber wie beim Neurotizismus, dass Hochsensibilität noch weitere Komponenten umfasst und vorwiegend auf einer neurologischen Grundlage basiert, nicht auf Erfahrungen und Kindheitsprägungen. 

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Wie äußert sich Hochsensibilität und bin ich vielleicht auch hochsensibel?

Man unterscheidet vier Dimensionen der Hochsensibilität:

  • Gründliche Informationsverarbeitung: Hierbei geht es um die Verarbeitung kognitiver Informationen. Wer von dieser Dimension betroffen ist, denkt Dinge in der Regel extrem gründlich durch, analysiert viel, berücksichtigt alle Details und malt sich alle möglichen Szenarien aus. Viele Hochsensible neigen daher auch zum Grübeln. Die positive Seite ist, dass Hochsensible daher auch oft gewissenhaft, gut organisiert und analytisch stark sind, was ihnen im Beruf zum Vorteil kommen kann.
  • Emotionale Intensität: Hochsensible, welche diese Dimension aufweisen, haben eine große Amplitude emotionalen Empfindens. Sie empfinden also sowohl positive als auch negative Gefühle sehr intensiv und können entsprechend auch schnell von einer intensiven Emotion zur nächsten springen. Gehirnscans zeigen, dass bei Hochsensiblen positive wie negative Bilder in höheren Hirnarealen verarbeitet werden. Studien zeigen außerdem eine höhere Reaktivität auf Emotionen: Werden Bilder von Menschen mit Gefühlen (Angst, Ekel, Scham) gezeigt, dann fühlen Hochsensible stärker mit. Die Empathiefähigkeit ist bei Hochsensiblen daher oft auch besonders stark ausgeprägt.
  • Physiologische Erregbarkeit: Diese Dimension beschreibt, dass man leichter in einen Zustand der Übererregung und Überreizung gelangt, da die Reizschwelle niedriger ist. Eine Tag in einer neuen Stadt wird eine hochsensible Person zum Beispiel mehr anstrengen als andere Menschen, da mehr Reize und Details aufgenommen und tiefer verarbeitet werden. Nach diesem Zustand der Übererregung folgt bei Betroffenen oft eine Art “Reiz-Hangover”.
  • Sensorische Empfindlichkeit: Hochsensible, welche diese Dimension aufweisen, haben eine erhöhte sensorische Empfindsamkeit. Sie empfinden also manche oder alle Sinneswahrnehmungen stärker: Typisch sind z.B. starke Reaktionen auf Gerüche, Geschmäcker, Lärm, Hitze und Kälte oder bestimmte Stoffe auf der Haut.

Aus diesen Beschreibungen geht bereits hervor, dass Hochsensibilität gleichwohl Fluch und Segen sein kann: Einerseits sind Hochsensible anfälliger für Stress,  (Über-)erregbarkeit und Erschöpfung. Sie brauchen dementsprechend für viele Dinge mehr Energie und müssen somit auch mehr Zeit für Pausen und Rückzug einplanen. Sie fühlen sich schneller und öfter überfordert und tendieren – insbesondere wenn sie ihre Reizschwelle überschreiten – zu Unruhe, Reizbarkeit und emotionaler Instabilität. Zudem besteht oft eine höhere Schmerzempfindlichkeit und eine Tendenz zum Grübeln. Hochsensibilität hat aber auch viele Vorteile: Hochsensible verfügen oft über eine besonders hohe Empathie und ein gutes Einfühlungsvermögen. Sie sind daher gefühlsintensive und aufmerksame Freund:innen und Partner:innen und empfinden zudem auch positive Emotionen oft intensiver als andere Menschen. Auch im Beruf kommt ihnen ihre Gewissenhaftigkeit, ihre gute Organisationsfähigkeit sowie oft auch eine erhöhte Kreativität, Fantasie und Ideenreichtum zugute. Dank ihrer starken analytischen Fähigkeiten sind Hochsensible oft gut darin, Dinge zu verknüpfen, haben ein Auge für Details und eine erhöhte Sensitivität für Ästhetik und Kunst. 

Manche Menschen weisen alle vier Dimensionen auf, bei anderen ist nur eine stark ausgeprägt – daher kann das Erscheinungsbild auch zwischen verschiedenen Menschen stark variieren. Falls du dich von einer oder mehreren der Dimensionen angesprochen fühlst, kann es gut sein, dass du hochsensibel bist. Auch Online-Fragebögen, zum Beispiel unter https://www.zartbesaitet.net/ oder https://www.hsperson.com können hierüber Aufschluss geben. Da manche Menschen eben auch nur von einer Dimension betroffen sind, ist letztlich aber nicht der Gesamtscore entscheidend. Wichtig ist vielmehr, für sich herauszufinden, in welchen Bereichen man beeinträchtigt ist, um da für sich Maßnahmen ergreifen zu können. 

Aber wieso ist es überhaupt wichtig, zu wissen, ob ich hochsensibel bin?

Was bringt es mir überhaupt, zu wissen, dass ich hochsensibel bin?

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Hochsensible sind häufig mit vielen Vorurteilen konfrontiert. Sie werden leicht als überempfindlich und wenig belastbar abgestempelt, woraus sich Glaubenssätze wie “ich bin zu viel” oder “meine Emotionen und Bedürfnisse sind unangemessen” entwickeln können. Äußere Reaktionen wie “Stell dich nicht so an” oder “Reiß dich mal zusammen” werden verinnerlicht und vom inneren Kritiker reproduziert. Für Betroffene kann es daher eine große Erleichterung sein, zu hören, dass sie nicht “falsch” oder “zu viel” sind, sondern es sich um eine genetisch bedingte neurologische Disposition handelt. 

Wenn man weiß, dass man hochsensibel ist und insbesondere auch, in welchen Bereichen man besonders betroffen ist, ermöglicht einem das auch, den Alltag auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen und so zu gestalten, dass er der persönlichen Reizschwelle entspricht. So kann man einen guten Umgang mit der Hochsensibilität finden, lernen, in welchen Bereichen man gut auf seine Grenzen achten muss und sich letztendlich somit viel Energie sparen.

Aber wie kann ich mir das Leben denn nun etwas leichter machen, wenn ich hochsensibel bin?

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Wie kann ich mit meiner Hochsensibilität umgehen?

Die gute Nachricht ist: Auch wenn Hochsensibilität eine genetisch bedingte Eigenschaft ist, gibt es viele praktische Tipps und Tricks, wie man seinen Alltag so anpassen und gestalten kann, dass man seiner eigenen Reizschwelle und Belastungsgrenze Sorge tragen kann. 

  • Sich der persönlichen “Reizampel” bewusst werden: Wichtig ist, ein Bewusstsein für die eigene Reizschwelle und dafür zu entwickeln, was einen besonders stark anstrengt und einem “unter die Haut geht”. Je besser man diese Schwelle spürt, desto eher kann es gelingen, das eigene Reizniveau im Sinne einer Ampel zu beobachten und spätestens bei “Gelb” eine Pause einzulegen. 
  • Klar kommunizieren und ein verständnisvolles Umfeld schaffen: Entlastend kann auch sein, dem Umfeld die erhöhte Sensibilität und die konkreten Bedürfnisse zu kommunizieren. So können andere einerseits besser verstehen, was in einem vorgeht, andererseits können sie so auch besser mitdenken und Rücksicht nehmen.
  • Ruhe- und Rückzugspausen fest einplanen: Wichtig ist, sich Erholung und Rückzugsbereiche fest einzuplanen. So sollte man in der Wochenplanung zum Beispiel mindestens einen freien Abend nur für sich einrechnen. Auch so kann man wieder vermeiden, dass man die eigenen Grenzen überschreitet.
  • Das Arbeitsumfeld anpassen: Wichtig ist auch, das Umfeld so weit wie möglich auf die eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden. Für Angestellte kann das beispielsweise bedeuten, sich einen Tisch am Rand oder in der Ecke des Großraumbüros zu suchen, mit Noise-Cancelling-Kopfhörern zu arbeiten, fixe Pausen einzuplanen oder wenn möglich auch mal Home-Office-Tage einzubauen.
  • Das private Umfeld anpassen: Dasselbe gilt auch für das private Umfeld. Für Hochsensible, welche mit anderen Menschen zusammen wohnen, ist es oft wichtig, trotzdem einen Rückzugsort zu haben, der nur ihnen gehört. Das kann zum Beispiel ein eigenes Arbeits-, Musik- oder Sportzimmer sein; je nachdem können auch getrennte Schlafzimmer eine Entlastung bringen.
  • Regelmäßig und genug schlafen: Beim Schlafen werden nicht nur die Batterien wieder aufgeladen, sondern auch das Erlebte des vergangenen Tages verarbeitet. Für Hochsensible ist es also besonders wichtig, auf einen regelmäßigen und ausreichenden Schlaf zu achten, damit sie auftanken und die vielen erlebten Reize verarbeiten können.
  • Abgrenzungsfähigkeit stärken: Für Hochsensible ist es besonders wichtig, zu lernen, gesunde Grenzen zu ziehen. Sie tendieren nämlich oft dazu, ihre Grenzen zu überschreiten, um mit ihrem Umfeld “mithalten” zu können. Dies führt auf lange Sicht jedoch zu Überlastung, Erschöpfung und im schlimmsten Fall gar zu psychischen oder körperlichen Erkrankungen.
  • Ressourcenaktivierung: Wer mit einem lauten inneren Kritiker zu kämpfen hat, sollte sich auch auf die eigenen Stärken und Vorteile der Hochsensibilität konzentrieren. Das kann zum Beispiel die Kreativität, Gewissenhaftigkeit oder Empathiefähigkeit sein.
  • Selbstmitgefühl stärken: Auch dieser Punkt ist für Menschen ganz wichtig, die schon viele negative Reaktionen auf ihre Hochsensibilität erlebt oder gar verinnerlicht haben. Für sie ist es besonders wichtig, ihren eigenen Bedürfnissen und Grenzen mit Wertschätzung, Mitgefühl und Respekt zu begegnen.

Wie gehe ich mit Hochsensiblen in meinem Umfeld um?

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Für Personen, welche nicht hochsensibel sind, kann es oftmals schwierig sein, nachzuvollziehen, was in Hochsensiblen eigentlich vorgeht. Für Menschen, die also im Freundes- oder Familienkreis oder in der Partnerschaft mit einer hochsensiblen Person zu tun haben, kann es sehr hilfreich sein, sich darüber zu informieren. So gelingt es auch eher, Akzeptanz und Verständnis aufzubringen. Wichtig ist zudem auch, den Betroffenen die benötigte Ruhe und den Rückzug zu gewähren, statt dies zu bewerten oder sich davon persönlich angegriffen oder gekränkt zu fühlen. Für Hochsensible kann es auch extrem entlastend sein, wenn Personen in ihrem Umfeld sensitiv auf ihre Bedürfnisse sind, mitdenken und Rücksicht nehmen. Letztlich liegt die Verantwortung natürlich bei den Betroffenen, ihre Bedürfnisse und Grenzen zu kommunizieren – da dies aber auch Energie kostet,  kann aber natürlich sehr helfen, wenn man sich nicht jeden Tag mehrfach wiederholen muss.

Selbstkritik – warum sehen wir nur unsere Schwächen?

Selbstkritik kann uns antreiben und motivieren, gute Leistungen zu erbringen – wenn der innere Kritiker aber zu laut wird, kann er uns aber auch ganz schön im Weg stehen. Was hinter den ständigen Selbstzweifeln steckt und wie du sie überwinden und dein Selbstvertrauen stärken kannst, erfährst du hier. 

Wir alle haben es vermutlich schon mal erlebt: Wir halten einen Vortrag in der Schule, Uni oder Arbeit und kriegen eigentlich richtig gutes Feedback. Wir sind also super happy – oder? Wäre da nur nicht dieser eine Kollege, der in einem Nebensatz gesagt hat, wir hätten ja schon etwas flüssiger sprechen können. All die positiven Rückmeldungen wirken auf einmal völlig unbedeutend, wir ärgern uns über uns selbst – schon wieder verbockt! –, und sowohl die Laune als auch unser Selbstvertrauen sind im Keller. Aber woher kommt dieser Fokus auf das Negative und wie können wir es schaffen, unseren inneren Kritiker zu bändigen?

Woher kommen meine Selbstzweifel?

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Selbstkritisch zu sein ist per se nichts Schlechtes und auch total normal. Wenn wir unsere eigenen Verhaltensweisen nämlich nicht auch mal kritisch reflektieren können, können wir uns auch nicht weiterentwickeln. Auch Versagensängste und Selbstzweifel sind in einem gewissen Ausmaß völlig normal. Sie wollen nämlich zwei wichtige psychologische Grundbedürfnisse schützen: Das Bedürfnis nach Bindung, und das Bedürfnis nach Anerkennung bzw. Selbstwertschutz. Wir sind also ständig darum bemüht, uns Anerkennung und Bindung zu sichern bzw. den Anschluss nicht zu verlieren, und Selbstzweifel können ein starker Motor sein, der uns antreibt, gute “Leistungen” zu erbringen – sei es in sozialer, beruflicher oder persönlicher Hinsicht.

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Selbstkritisches Hinterfragen, Selbstzweifel und Versagensängste sind also zu einem gewissen Grad in uns angelegt. Durch frühkindliche Prägungen können diese jedoch verstärkt werden und sich in negativen Glaubenssätzen manifestieren, die uns letztendlich im Weg stehen. Wenn wir beispielsweise als Kinder gelernt haben, dass wir nur geliebt werden, wenn wir perfekte Leistungen erbringen, verinnerlichen wir eine Grundangst davor, zu versagen – und deshalb den Anschluss zu verlieren. Diese Angst projizieren wir dann oft auf bestimmte Lebensbereiche, zum Beispiel die Arbeit, wo wir uns dann besonders stark anstrengen, um unserer Angst entgegenzuwirken. Bei Menschen mit starken Versagensängsten besteht daher oft auch ein extremes Missverhältnis zwischen ihrer Leistung und ihrer subjektiven Bewertung: Sie halten ihre eigene Leistung und ihre Fähigkeit für ungenügend, strengen sich daher besonders an und liefern dann tolle Arbeit ab – die sie selbst aber nach wie vor nicht anerkennen können. 

In der Extremform spricht man dabei vom Impostor-Syndrom: Menschen mit diesem Syndrom gehen nämlich davon aus, dass sie grundsätzlich ungenügende Kompetenzen oder Fähigkeiten haben. Wenn sie erfolgreich sind, schreiben sie diesen Erfolg externen Faktoren zu („Ich hatte einfach Glück!” oder “Die Aufgabe war einfach leicht”), wenn sie einen Misserfolg erleben, fühlen sie sich davon in ihrer Inkompetenz bestätigt. Menschen mit Impostor-Syndrom leben in der ständigen Angst, dass sie “auffliegen”, also andere merken könnten, dass sie eigentlich gar nichts können. 

Aber was kann ich tun, wenn ich übertrieben selbstkritisch bin?

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Wie kann ich meine Selbstzweifel überwinden?

1

Geh deinen Ängsten auf den Grund

Setze dich erstmal damit auseinander, woher deine Selbstzweifel und das Gefühl, nicht zu genügen, überhaupt kommen. Wie bist du aufgewachsen? Welche Rolle hat Leistung in deiner Kindheit gespielt? Welche negativen Glaubenssätze hast du verinnerlicht? Sobald du deine Glaubenssätze identifiziert hast, kannst du auch beginnen, von ihnen Abstand zu nehmen und dir klarzumachen, dass sie nichts mit deiner aktuellen Realität zu tun haben.

2

Konkretisiere deine Ängste

Versagensängste äußern sich häufig als ein diffuses Grundgefühl, gegen das es schwer ist, anzukommen. Daher kann es sehr hilfreich sein, die Ängste in eine konkrete Form zu packen. Man kann sich zum Beispiel fragen: Was ist es genau, was ich meine, nicht gut zu können? Wo glaube ich, Verbesserungsbedarf zu haben? 

Sobald diese Bereiche konkretisiert sind, kann man auch gezielt daran arbeiten – und wenn man gezielt daran arbeiten kann, kann man auch Erfolge verzeichnen und so von dem diffusen Gefühl des “Nicht-Genügens” wegkommen. 

3

Hol dir Feedback ein

Um über die Brille der eigenen Prägung hinauszuschauen, kann es auch helfen, sich objektives Feedback von außen einzuholen. Du kannst also zum Beispiel vertraute Arbeitskolleg:innen darum bitten, dir ehrlich zu spiegeln, was sie denken, was du gut kannst – aber auch, wo du aus ihrer Sicht vielleicht noch etwas lernen kannst. Auch das hilft, von dem diffusen Gefühl wegzukommen und konkreten Handlungsbedarf aufzudecken. 

Achtung: Dieser Punkt ist schon eher für Fortgeschrittene. Falls du sehr starke Selbstzweifel hast, solltest du dich vielleicht erst auf die anderen Punkte konzentrieren.

4

Konzentriere dich auf deine Stärken

Bei starken Selbstzweifeln haben wir meistens einen “Schwächezoom”: Wir sehen also nur noch das Negative, und all unsere Stärken geraten völlig außer Acht. Daher ist es ganz wichtig, sich seine Stärken, Kompetenzen und Ressourcen deutlich vor Augen zu führen, um ein Gegengewicht herzustellen. Was kann ich besonders gut? Was habe ich gut hinbekommen? Wofür werde ich gelobt? Am besten, du schreibst das ganze gleich auf – und liest es dir immer wieder durch. 

5

Nutze vergangene Situationen für einen Realitätscheck

Hilfreich kann auch sein, dir zu überlegen, wie oft dein innerer Kritiker in der Vergangenheit schon falsche Prognosen abgeliefert hat. Führ dir also vergangene Situationen vor Augen, bei denen du dachtest, nicht gut genug zu sein – und es dann aber doch ziemlich gut hinbekommen hast. So wirst du merken, dass dein innerer Kritiker eigentlich ein schlechter Berater ist.

6

Übe dich im Ertappen und Umschalten

Wenn du merkst, dass du in eine Spirale von Selbstzweifeln und Versagensängsten hineingerätst, ist es wichtig, erstmal innezuhalten. Setze einen klaren Gedankenstopp, sage dir, dass diese Gedanken nicht der Realität entsprechen und komme so zurück ins Hier und Jetzt.

7

Trete mit deinem inneren Kritiker in Kontakt

Auch wenn das erstmal paradox klingt, kann es hilfreich sein, mit den eigenen inneren Kritiker in Kontakt zu treten und sich mal in ihn hineinzuversetzen. Das kannst du zum Beispiel ganz praktisch mit einem “Rollenspiel” üben: Stelle zwei Stühle auf, die sich gegenüberstehen. Setze dich auf einen der Stühle und stelle dir auf dem gegenüberstehenden Stuhl deinen inneren Kritiker vor. Komm mit ihm ins Gespräch und sag ihm, dass seine ständigen kritischen Worte dich ganz schön belasten. Wechsle dann den Stuhl und versuche, dich in den inneren Kritiker hineinzuversetzen. Welche guten Absichten verfolgt er eigentlich? Will er uns vielleicht nur schützen, uns motivieren und für uns sorgen? Finde im Dialog mit deinem inneren Kritiker dann eine Lösung: Sag ihm, dass du seine gute Absicht schätzt, aber er manchmal etwas zu viel des Guten tut. Vielleicht könnt ihr gemeinsam einen Weg finden, dass er dich zwar warnt, wenn es nötig ist – aber nicht ständig. 

8

Konzentriere dich auf kleine Einzelschritte

Um der Angst vor dem Versagen zu begegnen, hilft es auch, schwierige und komplexe Aufgaben in kleine Einzelschritte zu unterteilen. Konzentriere dich nur auf den ersten Schritt, dann auf den zweiten, und so weiter. So verlieren große Aufgaben an Bedrohlichkeit.

9

Finde deinen eigenen Bewertungsmaßstab

Hilfreich kann auch sein, dir mal zu überlegen, was für dich “gut” und “nicht gut” eigentlich bedeutet. Wenn du deinen eigenen Bewertungsmaßstab aufstellst, kann dir Kritik von außen auch nicht mehr so viel anhaben.

10

Nimm dich selbst nicht so wichtig 

Versagensangst fühlt sich häufig so an, als wäre ein Scheinwerfer ständig auf einen und die eigenen Unzulänglichkeiten gerichtet. Mach dir also bewusst, dass du vielleicht gar nicht soooo wichtig bist: Die meisten Menschen sind nämlich genug mit sich selbst beschäftigt, um sich überhaupt um deine Fehler zu kümmern. Hilfreich kann auch sein, sich zu überlegen, wie man die aktuelle Situation wohl in 2 Jahren bewerten wird. Dann merken wir nämlich meistens, dass alles nur halb so wild ist.

Wenn du deine persönliche Entwicklung noch intensiver fördern und hinderliche Glaubenssätze auflösen möchtest, dann könnte dir der Kurs „Das Kind in dir muss Heimat finden“ der Stefanie Stahl Akademie helfen. Weitere Informationen findest du hier:

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Ist Liebe eine Entscheidung?

“Liebe muss einfach sein”, oder “Warte nur, bis du den Richtigen triffst!”: Viele von uns sind mit dem Bild aufgewachsen, dass die wahre Liebe gewissermaßen ein Wunder sei, das einen aus dem Nichts überwältigt und in dem es keine Zweifel, Konflikte oder Probleme gibt. Wer schon mal eine länger dauernde Beziehung geführt hat, weiß aber auch: Dieses Bild passt oft nicht zur Realität. Wieso Liebe also mehr als nur ein Gefühl ist und auch mal anstrengend sein darf, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

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Social Media, Liebeslieder und Disneyfilme: Viele von uns sind mit der Vorstellung aufgewachsen, dass die Liebe eigentlich ein Selbstläufer ist, sobald wir unseren Prinzen oder unsere Prinzessin auf dem weißen Ross gefunden haben. Wir lernen, dass die “große, wahre Liebe” immer einfach und von totaler Harmonie geprägt sein muss – und natürlich für immer andauert. In dieser Vorstellung ist Liebe also etwas, das uns gewissermaßen passiv widerfährt. Nicht nur die eigene Erfahrung vieler von uns, sondern auch berühmte Psycholog:innen wie Esther Perel, John Gottman oder Jens Corssen widersprechen diesem Bild jedoch deutlich: Sie sagen vielmehr, dass Liebe Arbeit erfordert, anstrengend sein kann – und man sich immer wieder aktiv für sie entscheiden muss. 

Aber was bedeutet das für uns? Welche Rolle spielen Gefühle, wie können wir uns denn für die Liebe entscheiden – und was ist Liebe überhaupt?

Liebe und Verliebtheit

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Erstmal ist es wichtig, zwischen Liebe und Verliebtheit zu unterscheiden. Die beiden sind nämlich schon rein körperlich zwei verschiedene Phänomene: Verliebtsein ist ein hormoneller Sonderzustand, der evolutionär gesehen den Zweck hat, sich die andere Person zu sichern, sie also an sich zu binden. Während der Verliebtheitsphase werden Adrenalin (ein Stresshormon) und Dopamin (das Hormon des Verlangens) ausgeschüttet, die uns dazu motivieren, uns das Objekt der Begierde endlich zu erobern und “dingfest zu machen”. Alles, was potenziell negativ sein könnte, blenden wir aus, der oder die potenzielle Partner:in scheint uns absolut perfekt und Konflikte sind in dieser Beziehungsphase ein Fremdwort. Das Gefühl der Verliebtheitsphase entspricht also genau diesem Bild der perfekten, harmonischen und immer einfachen Liebe.  

Dabei vergessen wir ganz oft, dass Liebe aber eigentlich der Zustand ist, der danach folgt: Sie spielt sich in anderen Gehirnregionen ab, die Ausschüttung von Dopamin und Adrenalin sinkt und stattdessen wird das Bindungshormon Oxytocin sowie verschiedene Glückshormone ausgeschüttet. Während die Verliebtheitsphase von viel Aufregung und Leidenschaft, aber auch Unsicherheit geprägt ist, stellt sich bei der Entwicklung von Liebe ein Gefühl von Ruhe und Sicherheit ein. Gleichzeitig scheint die Welt – und unser Partner bzw. unsere Partnerin – nicht mehr so rosarot wie zuvor, und es entsteht auf einmal Raum für Konflikte. Angesichts des idealistischen Bilds, das wir von der Liebe haben, kann uns diese Phase leicht in Unsicherheit in Bezug auf unsere Beziehung oder unseren Partner bzw. unsere Partnerin stürzen: Ist er oder sie vielleicht doch nicht die richtige Person für mich? Wieso streiten wir denn auf einmal so häufig? Wieso ist die Beziehung nicht mehr so aufregend wie früher? Sollten wir uns vielleicht besser trennen?

Die gute Nachricht ist: Diese Entwicklung ist total normal und lässt sich in einer verbindlichen, längeren Beziehung auch nicht vermeiden. Vielmehr gibt es uns eine Gelegenheit, uns zu überlegen, ob die Beziehung wichtig genug ist, um an ihr festzuhalten, an ihr zu arbeiten und uns immer wieder unserem Partner oder unserer Partnerin zuzuwenden. Wer ständig auf der Suche nach der Aufregung und Leidenschaft vom Anfang ist, wird zwar ständig auf Wolke 7 schweben – aber auch nicht darüber hinaus kommen. Wer sich dafür entscheidet, sich von der Illusion der märchenhaften Liebe zu trennen, entscheidet sich aber gleichzeitig dafür, eine Haltung einzunehmen, die eine verbindliche, langfristige – und: liebevolle – Beziehung ermöglicht. 

Was aber bedeutet es, diese Haltung einzunehmen und wie kann ich mich also für die Liebe entscheiden?

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Was muss ich tun, um lieben zu können?

Die Forschung der Paar- und Familienpsychologie zeigt, dass es drei wichtige Komponenten gibt, die eine “liebesbejahende Haltung” begünstigen. 

1. 

Selbstliebe 

Der Psychologe Jens Corssen sagt: “Solange man eine Person braucht, kann man sie auch nicht lieben”. Er bezeichnet die Liebe zu sich selbst sozusagen als das Fundament der Liebe zu anderen Personen. Wer nämlich insgeheim davon überzeugt ist, nicht liebenswert zu sein, wird automatisch davon ausgehen, dass die andere Person das ebenso sieht. Das führt oft dazu, dass man in ständiger Angst lebt, nicht gut genug für die andere Person zu sein und von ihr die konstante Bestätigung braucht, dass sie einen wirklich liebt. So entwickelt sich eine einseitige Abhängigkeit, bei der man von der anderen Person erwartet, dass sie die eigenen Defizite im Selbstwert ausgleicht.

Statt ein Partner / eine Partnerin im wahrsten Sinne des Wortes zu sein, wird das Gegenüber dann viel mehr zum “Kompensator” persönlicher Unsicherheiten. So kann einerseits keine Beziehung auf Augenhöhe stattfinden, andererseits übertragen wir unserem Partner oder unserer Partnerin damit auch Verantwortung, die nicht zu ihm oder ihr gehört. Zudem ist die Beziehung dann ständig nur auf die Erfüllung unserer Bedürfnisse ausgerichtet und es besteht kein Raum dafür, auch auf das Gegenüber und dessen Bedürfnisse einzugehen. 


Für eine erwachsene Beziehung ist es also wichtig, dass man sich mit sich selbst auseinandersetzt, die Verantwortung für sein eigenes Wohlergehen übernimmt und die andere Person sozusagen eher als “Sahnehäubchen” für das eigene Leben, statt als überlebenswichtige Notwendigkeit betrachtet. Das heißt übrigens nicht, dass wir all unsere Themen komplett aufgelöst haben und perfekt sein müssen, wenn wir eine Beziehung eingehen. Wenn wir aber ein Bewusstsein für unsere eigenen Prägungen, Glaubenssätze und mögliche Projektionen haben, können wir uns auch mehr auf die andere Person konzentrieren, statt in ihr ständig nur eine Erfüllung unserer eigenen Bedürfnisse zu suchen.

2. 

Ja zur Beziehung sagen

Wenn wir eine langfristige, verbindliche (und erfüllende) Beziehung führen wollen, ist es zudem essenziell, dass wir uns auch richtig auf unser Gegenüber einlassen. 
Das bedeutet zum einen, aktiv Ja zur Beziehung zu sagen: Das heißt, das Fortbestehen und Gelingen der Beziehung bewusst zur Priorität machen, und diese auch gegen Hürden und Ablenkungen zu verteidigen. Dazu gehört auch, den Bedürfnissen der anderen Person zuzuhören, sie ernst zu nehmen und sich für gemeinsame Lösungen einzusetzen, statt nur das eigene Ding durchzudrücken.

3. 

Ja zum Gegenüber sagen

Sich für eine verbindliche Beziehung zu entscheiden, bedeutet zum anderen aber auch aktiv Ja zu unserem Partner oder unserer Partnerin zu sagen – und zwar so, wie er oder sie ist: Statt also ständig zu versuchen, unser Gegenüber zu ändern und es unseren eigenen Erwartungen und Vorstellungen anzupassen, sollten wir akzeptieren, dass unser Partner oder unsere Partnerin eine eigenständige, unabhängige Person ist, die anders ist – und anders sein darf – als wir selbst. Dazu gehört auch, unserem Gegenüber mit Wohlwollen und Respekt zu begegnen, statt ständig “Fehler” zu suchen. 

Kann man dann jeden und jede lieben?

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Wenig überraschend lautet die Antwort: Nein. Die beschriebene Haltung ermöglicht es einem, sich für eine Liebesbeziehung mit einer bestimmten Person zu öffnen. Trotzdem ist diese Haltung nicht mit dem Gefühl von Liebe gleichzusetzen und es gibt einige Faktoren, die die Kompatibilität zweier oder mehrerer Personen stark einschränken. Dazu gehören beispielsweise sehr unterschiedliche Erwartungen und Vorstellung in Bezug auf die Zukunft, schwere psychische Erkrankungen eines Beziehungsparts, und so weiter. Daher ist es – wiederum im Zuge der Selbstliebe – auch ganz wichtig, mit den eigenen Bedürfnissen in Kontakt zu bleiben und diesen treu zu sein – selbst wenn es eine Trennung erfordert.

Fazit –  ist Liebe also wirklich eine Entscheidung?

Zusammengefasst ist Liebe zwar nicht “nur” eine Entscheidung, sondern ein Gefühl, das für viele die Grundvoraussetzung für eine langfristige Partnerschaft ist. Trotzdem kann diese bewusste und aktive liebesbejahende Haltung die Entwicklung dieses Gefühls unterstützen oder überhaupt erst ermöglichen. 

Dazu kommt, dass es auch eine Erleichterung sein kann, sich von dem Bild der großen Liebe, die einen überwältigt, zu distanzieren: Wer bewusst Ja zur Liebe sagt, statt sich ihr einfach zu “ergeben”, ist diesem Gefühl auch nicht komplett ausgeliefert. Man braucht also nicht auf die perfekte Beziehung oder das perfekte Gegenüber zu warten, sondern kann sich selbst dafür entscheiden, diese Entwicklung  zuzulassen. Und letztlich heißt es: Lieben ist (auch) eine Fähigkeit, die wir lernen, und in der wir uns verbessern können. Wir brauchen also nicht passiv darauf zu warten, dass uns unser Prinz oder unsere Prinzessin mit dem weißen Ross endlich erlöst, sondern können selbst mit offenem Herzen auf ihn oder sie zugehen.

Fällt es dir schwer Beziehungen einzugehen oder dich so richtig auf andere einzulassen? Bindungsangst ist ein weit verbreitetes Phänomen, das sich durch übermäßige Anpassung oder sehr freiheitsliebendes Verhalten äußern kann. Wenn du dich in diesen Worten wiederfindest und daran arbeiten möchtest, könnte der Kurs „Bindungsangst überwinden“ der Stefanie Stahl Akademie etwas für dich sein. Schau doch mal vorbei!

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ADHS im Erwachsenenalter 

„Kirmes im Kopf“ – So nennt sich eine Influencerin, die über ADHS im Erwachsenenalter aufklärt. Fühlt sich ADHS so an? Laut, bunt, viel, man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen, hinsehen oder hinhören soll? Das sind zumindest Assoziationen, die einem bei einem solchen Jahrmarkt in den Kopf schießen. Was es heißt ADHS zu haben, wie es sich äußert, uns beeinflusst und wie wir damit umgehen können, lest ihr in diesem Blogbeitrag.

Was soll das S in ADHS?

Ausgeschrieben bedeutet ADHS, Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung. Darin ist das Wort „Störung“ enthalten, obwohl es sich nicht um eine Krankheit im klassischen Sinn handelt. Unsere Aufmerksamkeit befindet sich auf einem Spektrum, genau wie unsere Intelligenz. Manche Menschen sind weniger aufmerksam, andere mehr. Deshalb hat sich, statt von einer Störung oder Krankheit zu sprechen, der Begriff Neurodiversität etabliert. Grob übersetzt bedeutet das so viel wie „Nervenvielfalt“. Dahinter steckt die Annahme oder Haltung, dass neurobiologische Unterschiede im Gehirn zu einer Bandbreite unserer Entwicklung gehören und somit keine Störung oder Krankheit darstellen. Neben ADHS wird zum Beispiel auch Autismus dazugezählt.

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Woher weiß ich, ob ich ADHS habe?

Um eine ADHS-Diagnose zu stellen, müssen Symptome aus den Bereichen Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität vorhanden sein. Zu dem Bereich der Unaufmerksamkeit gehören unter anderem häufige Flüchtigkeitsfehler, Desorganisation, das Verlieren von Gegenständen, leichte Ablenkbarkeit und Vergesslichkeit oder auch Schwierigkeiten beim Zuhören. Hyperaktivität und Impulsivität werden in der Diagnosestellung als ein Bereich zusammengenommen und umfassen zum Beispiel Hibbeligkeit, häufiges Aufstehen, ein Unruhegefühl und viel Reden. 

Häufig wird ADHS schon im Kindesalter diagnostiziert. Doch auch Erwachsene können davon betroffen sein. Wurde dies in der Kindheit nicht herausgefunden, bleibt die ADHS im Erwachsenenalter oft unerkannt oder wird falsch diagnostiziert. Dem Thema wird, auch in den sozialen Medien, immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt, wodurch viele Menschen sich mit dem Thema auseinandersetzen und sich eine Abklärung der Symptomatik wünschen. 

Symptome von ADHS im Erwachsenenalter

Die Symptome von ADHS im Erwachsenenalter können sich von denen im Kindesalter unterscheiden. Während Hyperaktivität und Impulsivität bei Erwachsenen eher abnehmen, bleiben Konzentrationsprobleme und Unruhe oft bestehen. Betroffene haben Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit auf eine Sache zu richten und können schnell abgelenkt werden. Sie haben Probleme, ihre Gedanken und Emotionen zu kontrollieren und handeln häufig impulsiv. Auch Schlafstörungen, Reizbarkeit und eine geringe Frustrationstoleranz können auftreten.

Schwierigkeiten im Alltag

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Die Symptome von ADHS können den Alltag erheblich beeinträchtigen. Betroffene haben oft Schwierigkeiten, ihren Arbeitsplatz oder ihr Zuhause in Ordnung zu halten und ihre Aufgaben zu erledigen. Sie können sich nicht lange konzentrieren und haben Schwierigkeiten, Dinge zu organisieren und zu planen. Auch in sozialen Beziehungen kann ADHS durch Impulsivität und Schwierigkeiten, sich in Gruppen zu integrieren, eine Herausforderung darstellen. Aufgrund der Impulsivität und Unaufmerksamkeit können auch Beziehungsprobleme entstehen.

The other side of the medal

Neben eventuellen Beeinträchtigungen geht ADHS auch mit positiven Eigenschaften einher: Kreativität, Spontanität, Improvisationstalent, Enthusiasmus, Wagemut und Hyperfokus.  Viele dieser Stärken lassen sich durch die Impulsivität erklären. Kreativität hat viel mit flexiblem Denken und verschiedenen Ideen zu tun. Durch das Hin- und Herspringen der Gedanken sind Verknüpfungen von verschiedenen Themen im Innen und Außen möglich. Auch das Talent zur Improvisation lässt sich durch die Impulsivität intuitiv ableiten. Wie kann aber ein Hyperfokus möglich sein, wenn ADHS doch von Konzentrations- und Aufmerksamkeitsschwierigkeiten geprägt ist?

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Hyperfokus

Hyperfokus bedeutet die übermäßige Beschäftigung mit einem bestimmten Thema über mehrere Stunden oder Tage hinweg. Arbeitet eine Person unter Hyperfokus, vergisst sie alles andere um sich herum. So kann die gesamte Kraft der Konzentration auf eine Aufgabe gerichtet sein, ohne Ablenkungen oder Unterbrechungen. Durch diese ungeteilte Aufmerksamkeit und Beschäftigung mit einer Sache können tiefe Einsichten und gute Ergebnisse erlangt werden. Allerdings ist dieser Zustand auch anstrengend für unser Gehirn, sodass eine Überbelastung oder sogar Burnout folgen können. Zudem werden nicht nur andere Aufgaben verdrängt, sondern auch Mahlzeiten oder Toilettengänge vergessen. Wie es zu diesem Hyperfokus kommt oder was die Ursachen sind, ist bisher noch unklar. Vermutungen nach gibt es genetische oder neurologische Gründe, die aber noch nicht genug erforscht sind.

Ja, auch das ist ADHS

Natürlich sind die Symptome von ADHS nicht alle in „gut“ und „schlecht“ oder „hilfreich“ und „beeinträchtigend“ einteilbar. Das ist sehr individuell und kontextabhängig. Es gibt aber noch ein paar Merkmale der ADHS, von denen die meisten Menschen vermutlich nicht wissen, dass diese mit der neurodiversen Ausprägung einhergehen. Dazu gehören „Spezialinteressen“, in denen Personen sich total verlieren können. Das kann auch mit Menschen passieren, indem diese idealisiert werden, übermäßiges Interesse für deren Leben besteht oder sogar zwanghaft an diese gedacht wird.

Zudem kann auch die konstante Beschallung durch Musik oder den Fernseher während Routinetätigkeiten eine Ausprägung der ADHS darstellen. Diese Zuschreibung sollte aber nur mit Vorsicht getätigt werden, da heutzutage sehr viele Menschen eine Art „Dauerbeschallung“ brauchen, was auch viele andere Ursachen haben kann, wie z.B. Gewohnheit oder die Vermeidung der eigenen Gedanken. Weiterhin können Menschen mit ADHS zunächst total begeistert von etwas oder jemandem sein und dann rapide das Interesse verlieren. Auch ein unaushaltbares Genervt-davon-sein, dass andere etwas langsam tun, z. B. langsam laufen, sprechen oder denken, kann mit ADHS zusammenhängen. 

Diagnose und Behandlung

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Eine Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter kann schwierig sein, da die Symptome oft unspezifisch sind und mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können. So gibt es Überschneidungen mit Depressionen, Angststörungen und Persönlichkeitsstörungen. Zur Differenzierung von diesen Störungsbildern kann man sich fragen, ob die vermeintlichen ADHS-Merkmale schon seit der Kindheit und über verschiedene Lebensbereiche hinweg vorhanden sind.

Aber eine ausführliche Anamnese und eine gründliche körperliche Untersuchung sind unerlässlich, um die Störung zu diagnostizieren. Die Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter umfasst in der Regel eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie. Medikamente wie Stimulanzien können helfen, die Konzentration zu verbessern und Impulsivität zu reduzieren. Psychotherapie dagegen gibt Strategien zur Bewältigung von Symptomen und der Verbesserung sozialer Fähigkeiten mit an die Hand.

Wie gehe ich am besten mit meiner ADHS um?

Das Allerwichtigste ist es, sich selbst nicht zu geißeln. Betroffene können nichts für ihre Ausprägung der Neurodiversität. Dabei sollte bedacht werden, dass solche Symptome aufgrund des Kontextes, in dem wir leben, beeinträchtigend sind. Bei einem Job am Schreibtisch vor dem Laptop „stört“ die eigene Hibbeligkeit oder die fehlende Konzentration viel mehr, als wenn man beispielsweise gärtnert oder einen handwerklich-kreativen Beruf ausübt. Da aber vermutlich die meisten Leute, die das hier lesen, eher an den Schreibtisch „Gefesselt sind“, folgen jetzt ein paar Tipps und Strategien, die dabei helfen können, mit der eigenen ADHS umzugehen: 

Eigene „Betriebsanleitung“ entwickeln

  • Dinge aufschreiben und sich erinnern lassen, z.B. Kalender im Handy
  • Stimuluskontrolle: sich selbst für das Anfangen und Fertigstellen von Dingen belohnen
  • „Body Doubling“: Struktur durch andere anwesende Personen herstellen, z.B. beim Lernen
  • Bedeutsame Deadlines und Termine nutzen 
  • Automatisierung: Routinen schaffen und Einhalten
  • „Übergangszeiten“ einplanen: das Umschalten von einer auf die andere Aufgabe fällt vielen schwer, wodurch das Einschätzen der Länge schwierig ist
  • Rückzugsräume schaffen für Überstimulation durch äußere Reize (Lichtverhältnisse, Ruhepausen, genügend Schlaf)
  • Skills: Igelball, Fidget-Spinner, ADHS-Ring, Therapie-Decke, Noise-Cancelling-Kopfhörer

Weiterhin können viel Bewegung und Rausgehen helfen. Aber wie bei den meistens Tipps und Tricks ist es auch hier so, dass jede Person selbst herausfinden sollte, was hilfreich ist. Am besten sollte man mögliche Hilfen ausprobieren und wenn diese guttun, sie im Leben integrieren oder etablieren. 

Durch bestimmte Verhaltensweisen können die Symptome sich auch verschlimmern. Zu diesen zählen zu wenig Schlaf oder zu viele Drogen. Besonders Cannabiskonsum kann zu einem Teufelskreis werden. Durch Cannabis kommt es zu einem Ruheerleben, das Menschen mit ADHS sonst schwer erreichen können. Bei häufigem Gebrauch führt Cannabis aber zu Konzentrationsschwierigkeiten, was wiederum versucht wird, durch weiteren Konsum, einzudämmen. Deshalb: Lieber Finger weg von den Drogen.

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Fazit

ADHS im Erwachsenenalter kann eine Herausforderung im Alltag darstellen und zu Schwierigkeiten in der Arbeit, in sozialen Beziehungen und im täglichen Leben führen. Eine Diagnose und Behandlung sind wichtig, um die Symptome zu lindern und eine Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen. Es ist essenziell, sich Unterstützung zu suchen und Strategien zur Bewältigung der Symptome zu entwickeln. Aber: Viele Menschen wollen auch gar nicht, dass die Symptome verschwinden. Sie gehören zu ihrer Persönlichkeit und haben oft auch positive Seiten. Begegnet euch selbst und anderen mit Empathie, was das Thema angeht, und findet euren eigenen Umgang damit. Ihr kennt euch am besten!

Wie kann ich mein Trauma erkennen?

*Triggerwarnung*

Der Begriff “Trauma” scheint schon fast zu einem Modebegriff geworden zu sein: Jede:r spricht über Traumata und Trigger, und gerade auch Themen wie Entwicklungs- und transgenerationale Traumata erfreuen sich gerade großen Interesses. Aber was ist überhaupt ein Trauma, woran merke ich, dass ich traumatisiert bin und was kann ich tun, wenn ich unter den Folgen meines Traumas leide?

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Was ist überhaupt ein Trauma?

Der Traumabegriff ist in der Psychologie uneinheitlich definiert. Das ICD-11, also das Internationale Klassifikationssystem für Krankheiten, versteht unter einem Trauma, “einem oder mehreren Ereignis(sen) von extrem bedrohlicher oder entsetzlicher Natur ausgesetzt zu sein”. In vielen Definitionen wird außerdem vorausgesetzt, dass mit dem traumatischen Ereignis ein Gefühl von Ohnmacht und Überwältigung einhergeht und das Trauma nicht allein bewältigt werden kann.

Wichtig ist, zwischen dem traumatischen Ereignis (Trauma) und den Folgen dieses Ereignisses zu unterscheiden. Es gibt nämlich auch Menschen, die traumatische Ereignisse verarbeiten, ohne davon langfristig negative Folgen davonzutragen. In diesen Fällen ist es auch nicht unbedingt notwendig, das Trauma zu behandeln. Wenn in der Reaktion auf ein traumatisches Ereignis jedoch länger dauernde Symptome entwickelt werden, kann es sich um eine Traumafolgestörung handeln, die unbedingt in einer Traumatherapie aufgearbeitet werden sollte. Wie jemand auf ein traumatisches Ereignis reagiert, hängt von vielen Faktoren, wie der Art, Schwere und Dauer des traumatischen Erlebnisses, der individuellen Resilienz und der Unterstützung nach dem Ereignis ab. 

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Welche Arten von Traumata gibt es?

In der Psychologie werden zwei Dimensionen von Traumata unterschieden. Die erste Dimension bezieht sich darauf, wie das Trauma zustande kam, nämlich ob es durch interpersonelle, vorsätzliche Gewalt verursacht wurde, oder ob es sich um ein sogenanntes “akzidentelles”, also “zufälliges” Trauma handelt. Unter akzidentellen Traumata versteht man beispielsweise Traumata durch Umweltkatastrophen oder zum Beispiel auch Verkehrsunfälle.

Bei der zweiten Dimension unterscheidet man zwischen dem “Typ 1”- und dem “Typ 2”- Trauma. Das “Typ 1”-Trauma wird auch als “Schocktrauma” bezeichnet und beschreibt ein einmaliges, unvorhergesehenes traumatisches Ereignis. Ein interpersonelles “Typ 1”-Trauma ist beispielsweise ein Überfall oder eine einmalige Vergewaltigung; ein akzidentelles “Typ 1”-Trauma könnte beispielsweise ein Autounfall oder ein Erdbeben sein. 

“Typ 2”-Traumata werden auch als “komplexe Traumata” bezeichnet. Darunter fallen traumatische Ereignisse, die wiederholt oder andauernd bzw. chronisch auftreten und teilweise auch vorhersehbar sind. Ein interpersonelles “Typ 2”-Trauma wäre beispielsweise wiederholter Missbrauch in der Partnerschaft; ein akzidentelles “Typ 2”-Trauma könnte zum Beispiel eine andauernde Hungersnot oder Dürre sein. Diese chronischen Traumatisierungen haben häufig schwerwiegendere und komplexere Folgen als “Typ 1”-Traumata und erfordern eine längerdauernde und komplexere Therapie.

Neben diesen Dimensionen gibt es auch noch andere Unterscheidungen von Traumata: Unter einem Entwicklungstrauma versteht man eine Traumatisierung in der Kindheit, die durch Vernachlässigung und Gewalterfahrungen, aber auch zum Beispiel durch Überbehütung entstehen kann. Darunter fallen auch Bindungstraumata, die entstehen, wenn in der Kindheit keine zuverlässige Bezugsperson verfügbar ist. Dies führt häufig dazu, dass die Betroffenen auch im Erwachsenenalter Schwierigkeiten haben, nahe Beziehungen zu führen. Unter transgenerationalen Traumata versteht man Traumata, die über Generationen weitergegeben werden, da sie nie richtig verarbeitet wurden. 

Welche möglichen Traumafolgen gibt es?

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Genauso vielfältig wie die Arten von traumatischen Ereignissen sind auch mögliche Traumafolgen. Traumatische Ereignisse sind per Definition abnormale Ereignisse, auf die wir in der Regel mit Entsetzen, Hilflosigkeit und Furcht reagieren. Diese Reaktion ist eine normale Anpassungsreaktion, die noch nicht bedeutet, dass sich daraus eine Traumafolgestörung entwickelt. Erst wenn langfristig Symptome verbleiben und ein starker Leidensdruck bestehen bleibt, spricht man von einer solchen Störung. 

Die bekannteste Traumafolgestörung ist die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), die mit Flashbacks, Übererregung und Gefühllosigkeit einhergeht. Die Wahrscheinlichkeit, als Reaktion auf das Trauma eine PTBS zu entwickeln, ist stark von der Art des Traumas abhängig. Bei einer Vergewaltigung beträgt sie zum Beispiel zwischen 40-50%, bei einem Unfall dagegen nur etwa 10%. 

Neben der PTBS gibt es aber auch noch andere Traumafolgestörungen wie die Anpassungsstörung oder die anhaltende Trauerstörung. Auch Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen oder Suchterkrankungen können sich als Reaktion auf ein Trauma entwickeln.

Wie merke ich, ob ich ein Trauma habe?

Grundsätzlich gilt: Auf ein schlimmes bzw. traumatisches Ereignis mit Stress und negativen Gefühlen zu reagieren, ist erstmal völlig normal und gehört zur Verarbeitung dazu. Man spricht dabei von einer akuten Belastungsreaktion. In vielen Fällen werden traumatische Ereignisse mit der Zeit bewältigt, ohne dass sich eine schwerwiegende Folgestörung entwickelt. Aber auch wenn keine klinische Störung daraus entsteht, ist es natürlich immer eine gute und valide Option, bei der Aufarbeitung professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es kann aber auch schon helfen, Selbstfürsorge zu betreiben, sich mit den Emotionen und dem Erlebten auseinanderzusetzen und sich Unterstützung bei Freund:innen oder Familienmitgliedern zu holen. Sobald aber ein hoher und länger andauernder Leidensdruck besteht, ist es ganz zentral, das Trauma im Rahmen einer Traumatherapie aufzuarbeiten! Nur dadurch kann verhindert werden, dass sich die Traumafolgen weiter verfestigen, sich die Symptome verschlimmern und das Trauma möglicherweise gar an kommende Generationen weitergegeben wird. 

Wann brauche ich eine Therapie?

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Ob eine Traumatherapie notwendig ist, lässt sich natürlich nicht pauschal beantworten. Wichtige Hinweise auf eine Traumafolgestörung können die folgenden Symptome sein: 

1.

Übererregung und Unruhe

Chronische Übererregung ist eines der Hauptsymptome einer posttraumatischen Belastungsstörung. Die Betroffenen fühlen sich in einer ständigen Hab-Acht-Stellung, checken ihre Umgebung ständig auf mögliche Gefahrenquellen aus und sind konstant im Überwachungsmodus. Oft bestehen daher eine erhöhte Muskelanspannung und Schreckhaftigkeit sowie Schlafstörungen und Konzentrationsprobleme. Wenn du also nach einem traumatischen Ereignis das Gefühl hast, ständig auf der Hut zu sein und nicht richtig zur Ruhe kommen kannst, kann das ein Zeichen dafür sein, dass du professionelle Hilfe in Anspruch nehmen solltest

2.

Untererregung und depressive Symptomatik

Auch ein außergewöhnlich niedriges Erregungslevel kann darauf hindeuten, dass ein traumatisches Ereignis nicht verarbeitet wurde. Bei den Betroffenen liegt dann oft eher eine depressive Symptomatik vor: Sie fühlen sich antriebslos und haben das Gefühl, nicht gegen schlimme Ereignisse ankommen zu können. Oft liegt zudem eine emotionale Taubheit vor: Die Betroffenen fühlen sich emotional abgestumpft und wie von der Welt abgetrennt. Häufig schwanken traumatisierte Menschen zwischen dem Gefühl der Taubheit und der Übererregung.

3. 

Dissoziative Zustände

Bei schweren Traumatisierungen können dissoziative Zustände auftreten. Unter Dissoziation versteht man die Abspaltung von Gefühlen, Gedanken, Handlungen oder körperlichen Empfindungen. Das kennen wir zu einem gewissen Ausmaß alle: Wenn wir beispielsweise gerade ein spannendes Gespräch mit einer Freundin führen und erst nach einer halben Stunde merken, dass wir die ganze Zeit total unbequem auf unserem Stuhl gesessen sind, handelt es sich dabei schon um eine Dissoziation in Bezug auf diese körperliche Empfindung. 

Bei einer Traumatisierung handelt es sich jedoch um eine umfassendere Abspaltung der negativen Gefühle und Erinnerungen, die das traumatische Ereignis ausgelöst hat. Das ist eigentlich eine clevere (und automatische) Überlebensstrategie des Gehirns: Indem es alles abspaltet, was mit dem Trauma zu tun hat, kann es sich den negativen Empfindungen entziehen und erstmal “durchhalten”. Wenn ein Trauma jedoch nicht aufgearbeitet wird und die Dissoziation zu einer andauernden Copingstrategie wird, kann sich dies im schlimmsten Fall in einer dissoziativen Störung manifestieren, in der ganze Teile der Persönlichkeit abgespalten werden. 

Dissoziative Zustände in Folge einer Traumatisierung können sich auf verschiedene Art und Weise äußern. Manche Betroffene erleben Zeitlücken, in denen sie sich nicht erinnern können, was passiert ist. Andere erleben körperliche Krampfanfälle. Auch Stimmen hören kann ein Anzeichen für eine Dissoziation sein. Falls bei dir dissoziative Zustände auftreten, ist das ein ziemlich eindeutiges Zeichen für eine Traumatisierung und sollte dringend professionell behandelt werden.

4.

Flashbacks

Flashbacks, also das plötzliche innere Wiedererleben der traumatischen Situation, sind bekannte Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung. Es kann sein, dass Bilder des traumatischen Ereignisses wieder vor dem inneren Auge auftauchen oder man meint, Geräusche oder Gerüche aus der Situation wahrzunehmen. Auch wiederkehrende Alpträume über die traumatische Situation können ein Hinweis auf Flashbacks sein. Manchmal ist dieses Wiedererleben so stark, dass die Betroffenen das Gefühl haben, den Kontakt zur Realität zu verlieren.

5.

Vermeidung

Wenn eine Traumafolgestörung vorliegt, versuchen Betroffene oft, alles zu vermeiden und von sich wegzudrücken, was sie an das traumatische Ereignis erinnern könnte. Wenn du merkst, dass du dich gedanklich nicht mit einem traumatischen Ereignis auseinandersetzen kannst, sondern ständig damit beschäftigt bist, Situationen, Orte und Aktivitäten zu vermeiden, die dich daran erinnern könnten, kann das ein Anzeichen für eine behandlungsbedürftige Traumafolgestörung sein.

6.

Selbstverletzendes Verhalten und Suizidgedanken

Auch Selbstverletzung und Suizidgedanken können als Reaktion auf schwere Traumata auftreten. In diesen Fällen sollte auch sofort therapeutische Hilfe in Anspruch genommen werden.

7.

Schwierigkeiten im Beziehungsaufbau

Wenn man nach einem traumatischen Ereignis Schwierigkeiten hat, Nähe zuzulassen, kann auch das ein Hinweis auf eine Traumafolgestörung sein. Wenn du dich also seit einem traumatischen Ereignis zurückziehst und sozialen Kontakt vermeidest, solltest du unbedingt eine Traumatherapie aufsuchen.
Letztlich gilt: Nur du bestimmst, ob du dich der Verarbeitung eines traumatischen Ereignisses gewachsen fühlst oder ob du traumatherapeutische Unterstützung benötigst. Diese in Anspruch zu nehmen ist immer valide und sollte im Zweifel auch lieber früher als später passieren – egal, ob bei dir eine klinisch ausgewachsene PTBS vorliegt oder nicht!

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Kann es sein, dass ich mich nicht an mein Trauma erinnern kann?

Ja, gerade bei komplexen Traumata wie andauernder sexueller oder körperlicher Gewalt kann es sein, dass die ganze traumatische Erfahrung abgespalten wurde und nicht erinnert werden kann. Häufig äußert es sich jedoch trotzdem in diffusen Ängsten, körperlichen Symptomen und den oben beschrieben dissoziativen Zuständen. Wenn du vermutest, dass sich in deiner Biographie ein Trauma verstecken könnte, solltest du auch dies mit einer Fachperson besprechen.

Wie kann ich mein Trauma überwinden?

Da traumatische Ereignisse in vielen Fällen nach und nach verarbeitet werden können, musst du nicht direkt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, wenn du das nicht möchtest. Da kann es bereits gut tun, dich mit Unterstützung von Vertrauenspersonen mit dem Ereignis auseinanderzusetzen und Selbstfürsorge zu betreiben. Falls du jedoch langanhaltende psychische oder körperliche Symptome hast, kann es gut sein, dass du eine Traumafolgestörung entwickelt hast. Diese sollten unbedingt im Rahmen einer Traumatherapie behandelt werden. Wichtig ist: Ob dein Trauma ein behandlungswürdiges Ausmaß erreicht, bestimmst allein du!

In der Traumatherapie geht es darum, das in der Vergangenheit Geschehene zu integrieren, damit man in der Gegenwart nicht mehr darunter zu leiden hat. Man unterscheidet dabei drei Phasen: Stabilisierung, Traumabearbeitung und Integration. 

Bei der Stabilisierung wird versucht, emotional, körperlich und sozial eine gewisse Ruhe und Stabilität herzustellen. Das soll die Basis dafür bilden, dass man sich dann mit dem Trauma auseinandersetzen kann. Das bedeutet, dass einerseits akute körperliche Symptome wie Schmerzen oder Schlafstörungen behandelt,  emotionale Symptome wie Angstzustände oder dissoziative Symptome angegangen werden und andererseits ein möglichst sicheres, unterstützendes Umfeld geschaffen wird.

Die Phase der Traumabearbeitung befasst sich mit der Konfrontation der traumatischen Erfahrung. Diese Phase ist der Kern der Traumatherapie: Hier geht es darum, das Erlebte zuzulassen und aufzuarbeiten. Dabei wird das traumatische Erlebnis mit verschiedenen Übungen bearbeitet. Beispiele dafür sind Imaginationsübungen, Erarbeitung eines Traumanarrativs oder das gedankliche Wiedererleben der traumatischen Erfahrung. Hier werden häufig auch Methoden wie EMDR (“Eye Movement Desensitization and Reprocessing”) oder Hypnose eingesetzt. Diese sorgen dafür, dass das Gehirn in einen Ruhezustand kommt, in dem es überhaupt erst möglich wird, das Trauma zu bearbeiten.

Bei der Integration geht es schließlich darum, das Trauma in die Biografie einzuordnen. Das traumatische Erlebnis wird also in einen größeren Kontext gesetzt und man beginnt, Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Hier wird man also vom “Opfer” zum “Überlebenden”.
Wichtig ist jedoch, dass jede Traumatisierung und somit auch jede Traumabehandlung individuell ist. Wenn du vermutest, von einer Traumatherapie profitieren zu können, kannst du mit deinem Therapeuten oder deiner Therapeutin einen auf dich abgestimmten Behandlungsplan entwickeln.

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