Selbstkritik kann uns antreiben und motivieren, gute Leistungen zu erbringen – wenn der innere Kritiker aber zu laut wird, kann er uns aber auch ganz schön im Weg stehen. Was hinter den ständigen Selbstzweifeln steckt und wie du sie überwinden und dein Selbstvertrauen stärken kannst, erfährst du hier.
Wir alle haben es vermutlich schon mal erlebt: Wir halten einen Vortrag in der Schule, Uni oder Arbeit und kriegen eigentlich richtig gutes Feedback. Wir sind also super happy – oder? Wäre da nur nicht dieser eine Kollege, der in einem Nebensatz gesagt hat, wir hätten ja schon etwas flüssiger sprechen können. All die positiven Rückmeldungen wirken auf einmal völlig unbedeutend, wir ärgern uns über uns selbst – schon wieder verbockt! –, und sowohl die Laune als auch unser Selbstvertrauen sind im Keller. Aber woher kommt dieser Fokus auf das Negative und wie können wir es schaffen, unseren inneren Kritiker zu bändigen?
Selbstkritisch zu sein ist per se nichts Schlechtes und auch total normal. Wenn wir unsere eigenen Verhaltensweisen nämlich nicht auch mal kritisch reflektieren können, können wir uns auch nicht weiterentwickeln. Auch Versagensängste und Selbstzweifel sind in einem gewissen Ausmaß völlig normal. Sie wollen nämlich zwei wichtige psychologische Grundbedürfnisse schützen: Das Bedürfnis nach Bindung, und das Bedürfnis nach Anerkennung bzw. Selbstwertschutz. Wir sind also ständig darum bemüht, uns Anerkennung und Bindung zu sichern bzw. den Anschluss nicht zu verlieren, und Selbstzweifel können ein starker Motor sein, der uns antreibt, gute “Leistungen” zu erbringen – sei es in sozialer, beruflicher oder persönlicher Hinsicht.
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Selbstkritisches Hinterfragen, Selbstzweifel und Versagensängste sind also zu einem gewissen Grad in uns angelegt. Durch frühkindliche Prägungen können diese jedoch verstärkt werden und sich in negativen Glaubenssätzen manifestieren, die uns letztendlich im Weg stehen. Wenn wir beispielsweise als Kinder gelernt haben, dass wir nur geliebt werden, wenn wir perfekte Leistungen erbringen, verinnerlichen wir eine Grundangst davor, zu versagen – und deshalb den Anschluss zu verlieren. Diese Angst projizieren wir dann oft auf bestimmte Lebensbereiche, zum Beispiel die Arbeit, wo wir uns dann besonders stark anstrengen, um unserer Angst entgegenzuwirken. Bei Menschen mit starken Versagensängsten besteht daher oft auch ein extremes Missverhältnis zwischen ihrer Leistung und ihrer subjektiven Bewertung: Sie halten ihre eigene Leistung und ihre Fähigkeit für ungenügend, strengen sich daher besonders an und liefern dann tolle Arbeit ab – die sie selbst aber nach wie vor nicht anerkennen können.
In der Extremform spricht man dabei vom Impostor-Syndrom: Menschen mit diesem Syndrom gehen nämlich davon aus, dass sie grundsätzlich ungenügende Kompetenzen oder Fähigkeiten haben. Wenn sie erfolgreich sind, schreiben sie diesen Erfolg externen Faktoren zu („Ich hatte einfach Glück!” oder “Die Aufgabe war einfach leicht”), wenn sie einen Misserfolg erleben, fühlen sie sich davon in ihrer Inkompetenz bestätigt. Menschen mit Impostor-Syndrom leben in der ständigen Angst, dass sie “auffliegen”, also andere merken könnten, dass sie eigentlich gar nichts können.
Aber was kann ich tun, wenn ich übertrieben selbstkritisch bin?
1
Setze dich erstmal damit auseinander, woher deine Selbstzweifel und das Gefühl, nicht zu genügen, überhaupt kommen. Wie bist du aufgewachsen? Welche Rolle hat Leistung in deiner Kindheit gespielt? Welche negativen Glaubenssätze hast du verinnerlicht? Sobald du deine Glaubenssätze identifiziert hast, kannst du auch beginnen, von ihnen Abstand zu nehmen und dir klarzumachen, dass sie nichts mit deiner aktuellen Realität zu tun haben.
2
Versagensängste äußern sich häufig als ein diffuses Grundgefühl, gegen das es schwer ist, anzukommen. Daher kann es sehr hilfreich sein, die Ängste in eine konkrete Form zu packen. Man kann sich zum Beispiel fragen: Was ist es genau, was ich meine, nicht gut zu können? Wo glaube ich, Verbesserungsbedarf zu haben?
Sobald diese Bereiche konkretisiert sind, kann man auch gezielt daran arbeiten – und wenn man gezielt daran arbeiten kann, kann man auch Erfolge verzeichnen und so von dem diffusen Gefühl des “Nicht-Genügens” wegkommen.
3
Um über die Brille der eigenen Prägung hinauszuschauen, kann es auch helfen, sich objektives Feedback von außen einzuholen. Du kannst also zum Beispiel vertraute Arbeitskolleg:innen darum bitten, dir ehrlich zu spiegeln, was sie denken, was du gut kannst – aber auch, wo du aus ihrer Sicht vielleicht noch etwas lernen kannst. Auch das hilft, von dem diffusen Gefühl wegzukommen und konkreten Handlungsbedarf aufzudecken.
Achtung: Dieser Punkt ist schon eher für Fortgeschrittene. Falls du sehr starke Selbstzweifel hast, solltest du dich vielleicht erst auf die anderen Punkte konzentrieren.
4
Bei starken Selbstzweifeln haben wir meistens einen “Schwächezoom”: Wir sehen also nur noch das Negative, und all unsere Stärken geraten völlig außer Acht. Daher ist es ganz wichtig, sich seine Stärken, Kompetenzen und Ressourcen deutlich vor Augen zu führen, um ein Gegengewicht herzustellen. Was kann ich besonders gut? Was habe ich gut hinbekommen? Wofür werde ich gelobt? Am besten, du schreibst das ganze gleich auf – und liest es dir immer wieder durch.
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Hilfreich kann auch sein, dir zu überlegen, wie oft dein innerer Kritiker in der Vergangenheit schon falsche Prognosen abgeliefert hat. Führ dir also vergangene Situationen vor Augen, bei denen du dachtest, nicht gut genug zu sein – und es dann aber doch ziemlich gut hinbekommen hast. So wirst du merken, dass dein innerer Kritiker eigentlich ein schlechter Berater ist.
6
Wenn du merkst, dass du in eine Spirale von Selbstzweifeln und Versagensängsten hineingerätst, ist es wichtig, erstmal innezuhalten. Setze einen klaren Gedankenstopp, sage dir, dass diese Gedanken nicht der Realität entsprechen und komme so zurück ins Hier und Jetzt.
7
Auch wenn das erstmal paradox klingt, kann es hilfreich sein, mit den eigenen inneren Kritiker in Kontakt zu treten und sich mal in ihn hineinzuversetzen. Das kannst du zum Beispiel ganz praktisch mit einem “Rollenspiel” üben: Stelle zwei Stühle auf, die sich gegenüberstehen. Setze dich auf einen der Stühle und stelle dir auf dem gegenüberstehenden Stuhl deinen inneren Kritiker vor. Komm mit ihm ins Gespräch und sag ihm, dass seine ständigen kritischen Worte dich ganz schön belasten. Wechsle dann den Stuhl und versuche, dich in den inneren Kritiker hineinzuversetzen. Welche guten Absichten verfolgt er eigentlich? Will er uns vielleicht nur schützen, uns motivieren und für uns sorgen? Finde im Dialog mit deinem inneren Kritiker dann eine Lösung: Sag ihm, dass du seine gute Absicht schätzt, aber er manchmal etwas zu viel des Guten tut. Vielleicht könnt ihr gemeinsam einen Weg finden, dass er dich zwar warnt, wenn es nötig ist – aber nicht ständig.
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Um der Angst vor dem Versagen zu begegnen, hilft es auch, schwierige und komplexe Aufgaben in kleine Einzelschritte zu unterteilen. Konzentriere dich nur auf den ersten Schritt, dann auf den zweiten, und so weiter. So verlieren große Aufgaben an Bedrohlichkeit.
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Hilfreich kann auch sein, dir mal zu überlegen, was für dich “gut” und “nicht gut” eigentlich bedeutet. Wenn du deinen eigenen Bewertungsmaßstab aufstellst, kann dir Kritik von außen auch nicht mehr so viel anhaben.
10
Versagensangst fühlt sich häufig so an, als wäre ein Scheinwerfer ständig auf einen und die eigenen Unzulänglichkeiten gerichtet. Mach dir also bewusst, dass du vielleicht gar nicht soooo wichtig bist: Die meisten Menschen sind nämlich genug mit sich selbst beschäftigt, um sich überhaupt um deine Fehler zu kümmern. Hilfreich kann auch sein, sich zu überlegen, wie man die aktuelle Situation wohl in 2 Jahren bewerten wird. Dann merken wir nämlich meistens, dass alles nur halb so wild ist.
Wenn du deine persönliche Entwicklung noch intensiver fördern und hinderliche Glaubenssätze auflösen möchtest, dann könnte dir der Kurs „Das Kind in dir muss Heimat finden“ der Stefanie Stahl Akademie helfen. Weitere Informationen findest du hier: