Ghosting
– wie gehen wir damit um?

Der Handybildschirm leuchtet auf. Sofort gucken wir gespannt drauf und spüren Schmetterlinge im Bauch. Es ist wieder soweit: Wir haben jemanden kennengelernt, der oder die diesmal ganz anders ist als alle anderen davor. Wir haben schon viele Dates hinter uns, haben gemeinsam schöne Dinge unternommen und schreiben ständig hin und her – das kann nur gut werden! Was aber, wenn sich die Person von jetzt auf gleich nicht mehr meldet, ohne dass etwas vorgefallen ist? Das nennen wir “Ghosting”

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Aber was bedeutet “Ghosting” eigentlich?

“Ghosting” heißt, dass sich eine Person, mit der man zuvor eng in Kontakt stand, plötzlich einfach nicht mehr meldet, als ob sie vom Erdboden verschluckt wäre. Sie antwortet nicht auf Nachrichten, geht nicht ans Telefon; sämtliche Kontaktversuche laufen also ins Leere, ohne dass wir wissen, wieso. Ghosting ist ein Kontaktabbruch ohne jegliche Erklärung.

Das ist nicht nur genauso fies wie es klingt, sondern passiert auch ziemlich häufig: Ungefähr 20% der Menschen, die aktiv “daten”, wurden auch schon mal geghostet. Ghosting kann aber nicht nur in romantischen Beziehungen vorkommen, sondern auch mit Freund:innen, Familienmitgliedern oder Bekannten.

Online Dating und Gosting

Besonders seit Online-Dating so präsent ist, ist Ghosting in aller Munde. Fast jede:r hat wohl schon mal von jemandem gehört, der oder die “geghostet” wurde. Aber warum? Ganz einfach: Bei Online-Bekanntschaften ist die Hürde zum Kontaktabbruch viel geringer. Früher haben wir unsere Partner und Partnerinnen über Freund:innen kennengelernt, auf einer Party oder einer Geburtstagsfeier. Da war die Wahrscheinlichkeit, die Person noch einmal zu treffen, nachdem man sie “geghostet” hat, gefährlich hoch. Und sind wir ehrlich: Das wäre wohl für beide Parteien ziemlich unangenehm gewesen. In der Welt des Online-Datings ist das anders: Wir lernen plötzlich Menschen kennen, die wir sonst vermutlich nie getroffen hätten – und vor allem auch nicht wieder treffen werden, wenn wir es nicht wollen.

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Gründe für Ghosting

Aber was motiviert Menschen, einfach von der Bildfläche zu verschwinden und sich einfach nie wieder zu melden? Häufig sind diese Menschen konfliktscheu. Sie haben Angst, ihr Gegenüber zu enttäuschen oder zu verletzen und bei diesem negative Gefühle wie Wut, Ärger oder Trauer hervorzurufen. Konfliktscheue Menschen können schlecht aushalten, wenn andere Menschen auf sie sauer sind. So erfahren sie nämlich selbst Ablehnung. Problematisch ist das vor allem deshalb, weil die betreffende Person durch das Ghosten ihre eigenen Gefühle (also zum Beispiel Angst vor Ablehnung) über die Gefühle der anderen Person stellt.
Konfliktscheue und damit auch Ghosting liegt oft ein niedriges Selbstwertgefühl zugrunde: Dieses trägt dazu bei, dass negative Gefühle nur schwer ausgehalten werden können und daher vermieden werden.

Auch Bindungsangst kann ein Grund für Ghosting sein. Je enger eine Beziehung wird, desto ängstlicher werden diese Menschen, bis sie dieser Angst schließlich – und für ihr Gegenüber sehr plötzlich – erliegen. Der scheinbar einzig mögliche Ausweg: Kontaktabbruch. Andererseits kann auch Verlustangst Menschen zum Ghosting bewegen: Durch den Kontaktabbruch und das Ende der Beziehung kann man die Kontrolle behalten und muss sich der Verlustangst nicht aussetzen.

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Narzisst:innen & Bindungsvermeider:innen

Häufig findet sich Ghostingverhalten auch bei Menschen mit narzisstischen Persönlichkeitszügen. Menschen mit narzisstischen Tendenzen nutzen Ghosting oft als Manipulationstechnik. Narzisst:innen verschwinden häufig nicht für immer – sie tauchen irgendwann genauso plötzlich wieder auf der Bildfläche auf, wie sie von ihr verschwunden sind. Oftmals geht das Spielchen dann von vorne los. Grund für dieses Verhalten ist, dass Narzisst:innen sehr schnell gekränkt sind. Passt ihnen etwas nicht oder fühlen sie sich abgewertet, werden sie wütend. Ghosting kann dann als manipulative Bestrafung ihres Gegenübers genutzt werden.

Zudem gibt es sogenannte “gleichgültige Bindungsvermeider:innen”. Sie haben wenig bis gar keine Empathie und machen es sich einfach bequem, indem sie sich nicht mal die Mühe machen, eine Erklärung für den Kontaktabbruch abzugeben.

Ghosting muss jedoch nicht immer böswillig geschehen: Manchen Menschen ist nicht bewusst, was sie mit ihrem Verhalten beim Gegenüber auslösen; andere sind schlichtweg zu faul, um eine Erklärung für ihr Verhalten abzugeben.

Ghosting:
Wie reagieren wir?

Es kann ziemlich wehtun, plötzlich nichts mehr von einer Person zu hören, die man gern hat. Geghostet zu werden, bedeutet gleichzeitig auch Kontrollverlust. Zusätzlich drehen sich die Gedanken im Kreis und das Grübeln geht los: “Wieso meldet er oder sie sich nicht mehr? Habe ich etwas Falsches gesagt oder getan?”

Dies hat mit unserem Selbstwertgefühl zu tun. In der Kindheit lernen wir, dass unser Selbstwert uns von unseren Eltern und anderen Personen, die uns umgeben, gespiegelt wird. So fallen wir, wenn wir geghostet werden, auf das Gefühl herein, dass das Verhalten der Person ein Maßstab dafür ist, was wir wert sind. Wir sind dann also geneigt zu denken, wir seien nicht genug oder geben uns gar selbst die Schuld dafür, dass die Beziehung auf diese Weise geendet hat.

Wichtig ist es hier, sich bewusst zu machen, dass der eigene Wert nicht durch andere Menschen bestimmt wird. Zudem sollte man sich sagen: “Selbst, wenn ich irgendwas getan oder gesagt haben sollte, was die andere Person verletzt hat und sie dazu verleitet hat, sich mir gegenüber so zu verhalten, dann ist sie mir wenigstens schuldig, das zu erklären!” Eine Erklärung kann nämlich eine gewisse Erleichterung bedeuten und ein wenig Kontrolle zurückgeben. Oft wird es aber nicht hilfreich sein, einer Person, die uns ghostet, hinterherzulaufen: 100 Nachrichten schreiben, die unbeantwortet bleiben, oder immer wieder anzurufen, gibt unserem Selbstbewusstsein nur einen weiteren Tritt in den Allerwertesten.

Ebenso können wir uns darüber bewusst werden, ob wir überhaupt eine Beziehung mit einer Person hätten eingehen wollen, die derart mit Problemen und Konflikten umgeht. Spoiler Alert: Die Antwort lautet “Nein!”. Vielleicht werden wir dann feststellen, dass wir die Person auch nur idealisiert haben.

Als praktische Übung kann es außerdem helfen, sich bildlich vorzustellen, eine Glaswand zwischen uns selbst und die Person, die uns verletzt hat, zu schieben. Die Verantwortung und Schuld für die Art des Beziehungsendes gehört nur zur Person auf der anderen Seite der Glasscheibe. Mit unserem eigenen Wert hat es nichts zu tun. So lässt sich der eigene Selbstwert bildlich vom Fehlverhalten der anderen Person abkoppeln. Schließlich sollten wir uns ablenken und Dinge tun, die uns Spaß machen, die gut tun und den Selbstwert stärken.

Wir alle streben nach einer erfüllten Beziehung, doch geraten wir auf dem Weg dahin häufig an wiederkehrende Probleme. „Ich falle immer wieder auf denselben Typ Mensch rein.“. Vielleicht liegt das daran, dass wir uns häufig an dasselbe Beuteschema halten bei der Partnersuche. Wenn du auch vor diesem Problem stehst, kann dir der Kurs „Wie finde ich den Richtigen/die Richtige?“ von der Stefanie Stahl Akademie vielleicht weiterhelfen.

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Belastende Situationen: So lernen wir Resilienz

Wir alle erleben im Laufe unseres Lebens Situationen, die unsere Psyche belasten. Aber wie lernen wir, mit ihnen umzugehen? Was ist überhaupt Resilienz und wie können wir unsere Resilienz stärken? 

Der Begriff “Resilienz” stammt eigentlich aus der Physik und beschreibt, wie gut sich ein Stoff nach einer Belastung wieder in die Ausgangsform zurückverwandeln kann. Das klingt erstmal kompliziert, lässt sich aber gut auf den Menschen übertragen: In der Psychologie beschreibt “Resilienz” die Fähigkeit eines Menschen, sich von belastenden Situationen und Krisen zu erholen bzw. mit ihnen umzugehen, ohne bleibende psychische Folgen davonzutragen. Resilienz steht also für die individuelle psychische Widerstandsfähigkeit.

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Welche Folgen eine psychisch belastende Situation hat, kann sich von Mensch zu Mensch stark unterscheiden. So mag eine Person als Reaktion auf ein schweres traumatisches Erlebnis, wie beispielsweise eine Entführung, eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln, während eine andere Person gar keine psychischen Folgen davonträgt. Wieso aber sind manche Menschen so viel resilienter als andere? Ist Resilienz angeboren und kann man Resilienz im Laufe des Lebens lernen?

Resilienz bei Säuglingen

Während manche Babys eine Rassel in der Hand ihrer Eltern wahnsinnig aufregend finden oder bei lauten Geräuschen stark erschrecken, lassen sich andere kaum davon beeindrucken. Schon bei Säuglingen gibt es also solche, die deutlich empfindlicher auf Eindrücke und Reize reagieren als andere. Säuglinge, die sehr sensibel auf äußere Situationen reagieren, werden als “High Reactives” bezeichnet, die weniger sensiblen als “Low Reactives”.
Resilienz scheint also in gewissem Maße angeboren zu sein. Es gibt aber auch Faktoren in unserer Umwelt, die unsere Resilienz beeinflussen. Wichtig ist zum Beispiel, wie wir erzogen wurden: Haben wir in unserem Elternhaus viel Selbstwertgefühl vermittelt bekommen? Durften wir eine eigene Meinung und einen eigenen Willen haben? Hatten wir das Gefühl, mit unseren Handlungen etwas bewirken zu können? All das wirkt sich darauf aus, wie wir die eigenen Fähigkeiten im Umgang mit psychischen Belastungen einschätzen und wie viel Vertrauen wir in unsere Widerstandsfähigkeit haben. Auch die Erfahrungen, die wir im weiteren Laufe unseres Lebens machen, beeinflussen unsere Resilienz.

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Seelische Belastung im Alltag

Klar ist also: Resilienz lässt sich lernen – ganz egal, ob wir als “Low Reactive” oder “High Reactive” geboren wurden. Stellen wir uns vor, wir haben ständig Stress mit unserer Vorgesetzten. Sie sieht keine Fehler ein, ist total launisch, akzeptiert kein “Nein” und drückt uns immer zu viele Aufgaben aufs Auge. In einer solchen akut belastenden Situation ist es schwierig, an der eigenen Resilienz zu arbeiten: Wir haben wenig Kontrolle über die Situation und fühlen uns hilflos. Dann kann es helfen, die Situation entweder so zu akzeptieren, wie sie ist, oder Verantwortung zu übernehmen und eine Lösung zu suchen. Akzeptanz, Verantwortungsübernahme und Lösungsorientierung zählen zu den “sieben Säulen der Resilienz”, sind also wichtige Strategien, um Resilienz zu stärken. Aber dazu später mehr.

Ein einfacher Merksatz zum Umgang mit Belastungen im Alltag ist: “Love it, leave it or change it“. Das bedeutet so viel wie: Sind wir mit einer belastenden Situation konfrontiert, können wir diese entweder verlassen (leave it), uns mit ihr anfreunden (love it) oder etwas an ihr ändern (change it). Nun sind aber nicht alle diese Möglichkeiten in jeder Situation verfügbar. Kommen wir auf das Beispiel der Vorgesetzten zurück. Vielleicht werden wir uns wohl nie wirklich mit ihrer Art anfreunden können, egal wie sehr wir uns das vornehmen. Wir können in diesem Fall also entweder kündigen (leave it) – was natürlich Konsequenzen nach sich ziehen wird –, oder uns überlegen, ob wir die Situation ändern können und wollen (change it). 
Wir könnten uns also folgende Fragen stellen: Sehen wir noch einen Sinn in dem, was wir tun? Ist zum Beispiel der Rest unseres Teams hilfsbereit und freundlich? Werden wir gut bezahlt? Macht der Job überhaupt Spaß? Wenn sich aus diesen Überlegungen ergibt, dass die Vorteile des Jobs überwiegen und man ihn nicht verlassen will, ist der Modus “change it” gefragt. Man sollte also nach einer Lösung für die Unstimmigkeiten suchen, aktiv werden und Verantwortung für Veränderungen übernehmen. Eine Möglichkeit dafür wäre beim obigen Beispiel, das Gespräch mit der Chefin zu suchen und ihr Feedback zu geben, eine Mitarbeiter:innen-Umfrage zu starten oder externe Coaches heranzuziehen. Wenn all dies die Situation nicht zum Besseren verändern kann, können wir den Job immer noch verlassen.

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Resilienz stärken: So geht’s

Diese sieben Säulen beschreiben die wichtigsten Elemente zur Stärkung der eigenen Resilienz. Drei davon wurden im vorherigen Abschnitt schon angesprochen. Hier folgt ein Überblick darüber, welche Bestandteile der Resilienz besonders wichtig sind und wie wir lernen können, besser mit psychischer Belastung umzugehen.

1

Optimismus

Optimismus ist eine Lebensauffassung, die uns dabei hilft, resilient zu sein. Die Einstellung, alles schon irgendwie hinzubekommen und der Glaube daran, dass alles schon irgendwie gut gehen wird, ist das, was wir in belastenden Situationen brauchen. Wir sollten in uns selbst eine gewisse Kontrollüberzeugung haben.

2

Akzeptanz

Akzeptanz bedeutet, Situationen, die wir nicht mehr ändern können, anzunehmen. Das heißt, die Vergangenheit auch wirklich vergangen sein zu lassen, aber auch bei Veränderungen loslassen zu können. Was sich einfach anhört, kann aber vor allem “Kämpfernaturen”, die dazu neigen, stets die Kontrolle behalten zu wollen, schwerfallen. Wichtig ist: Widerstand gegen Dinge zu leisten, die unveränderbar sind, kostet unglaublich viel Kraft.

3

Lösungsorientierung

Lösungsorientierung kommt nach der Akzeptanz. Wenn wir eine Situation so angenommen haben, wie sie ist, geht es darum, nach vorne zu schauen und nach Lösungen zu suchen. Sich zu fragen: “Kann ich die Situation zum Besseren verändern und wenn ja, wie? Was kann ich tun, damit es mir besser geht?”.

4

Die Opferrolle verlassen

Statt uns passiv im Selbstmitleid zu wälzen, sollten wir aktiv werden. Wir sollten uns bewusst und selbstfürsorglich für unser Glück, unsere Ziele und unsere Bedürfnisse einsetzen.

5

Verantwortung übernehmen

Verantwortung übernehmen bedeutet, Initiative zu zeigen, sich aktiv einzusetzen und aus einer nicht veränderbaren Situation das Beste zu machen. Wenn eine Situation jedoch verändert werden kann, sollten wir uns bewusst machen, welche Anteile der erwünschten Veränderung in unserem Verantwortungs- und Kontrollbereich liegen und probieren diese umzusetzen.

6

Zukunftsplan

Uns zu überlegen, welche Zukunft wir uns wünschen und wie wir sie erreichen können, hilft uns dabei, resilienter zu werden. Dabei ist es besonders wichtig, sich geeignete Ziele zu setzen. Diese sollten möglichst realistisch und konkret sein, um einfacher umgesetzt werden zu können. Das muss nicht gleich ein Zukunftsplan für das ganze Leben sein – es kann auch schon helfen, sich Ziele für eine Stunde festzulegen.

7

Netzwerkorientierung

Für den Menschen als soziales Wesen ist es extrem wichtig, Beziehungen zu knüpfen und sich bei psychischer Belastung unterstützt zu fühlen. Mit Freund:innen zu reden und sich ihnen zu öffnen – oder auch nur an das unterstützende Umfeld zu denken – kann enorm helfen. Es ist hart, ein:e Einzelkämpfer:in zu sein. Beziehungen zu anderen sorgen schließlich für Lebenszufriedenheit, und die ist wiederum die Grundlage einer starken Resilienz. 

Resilenz ist also eine Art Schutzschild gegen Stress. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie Stress entsteht, wieso wir Menschen überhaupt Stress empfinden und was du machen kannst, um deinen Stress zu reduzieren, könnte dir der Kurs „Stressbewältigung“ von der Stefanie Stahl Akademie weiterhelfen. Schau doch einfach mal vorbei!

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