Wir alle erleben im Laufe unseres Lebens Situationen, die unsere Psyche belasten. Aber wie lernen wir, mit ihnen umzugehen? Was ist überhaupt Resilienz und wie können wir unsere Resilienz stärken?
Der Begriff “Resilienz” stammt eigentlich aus der Physik und beschreibt, wie gut sich ein Stoff nach einer Belastung wieder in die Ausgangsform zurückverwandeln kann. Das klingt erstmal kompliziert, lässt sich aber gut auf den Menschen übertragen: In der Psychologie beschreibt “Resilienz” die Fähigkeit eines Menschen, sich von belastenden Situationen und Krisen zu erholen bzw. mit ihnen umzugehen, ohne bleibende psychische Folgen davonzutragen. Resilienz steht also für die individuelle psychische Widerstandsfähigkeit.
Welche Folgen eine psychisch belastende Situation hat, kann sich von Mensch zu Mensch stark unterscheiden. So mag eine Person als Reaktion auf ein schweres traumatisches Erlebnis, wie beispielsweise eine Entführung, eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln, während eine andere Person gar keine psychischen Folgen davonträgt. Wieso aber sind manche Menschen so viel resilienter als andere? Ist Resilienz angeboren und kann man Resilienz im Laufe des Lebens lernen?
Während manche Babys eine Rassel in der Hand ihrer Eltern wahnsinnig aufregend finden oder bei lauten Geräuschen stark erschrecken, lassen sich andere kaum davon beeindrucken. Schon bei Säuglingen gibt es also solche, die deutlich empfindlicher auf Eindrücke und Reize reagieren als andere. Säuglinge, die sehr sensibel auf äußere Situationen reagieren, werden als “High Reactives” bezeichnet, die weniger sensiblen als “Low Reactives”.
Resilienz scheint also in gewissem Maße angeboren zu sein. Es gibt aber auch Faktoren in unserer Umwelt, die unsere Resilienz beeinflussen. Wichtig ist zum Beispiel, wie wir erzogen wurden: Haben wir in unserem Elternhaus viel Selbstwertgefühl vermittelt bekommen? Durften wir eine eigene Meinung und einen eigenen Willen haben? Hatten wir das Gefühl, mit unseren Handlungen etwas bewirken zu können? All das wirkt sich darauf aus, wie wir die eigenen Fähigkeiten im Umgang mit psychischen Belastungen einschätzen und wie viel Vertrauen wir in unsere Widerstandsfähigkeit haben. Auch die Erfahrungen, die wir im weiteren Laufe unseres Lebens machen, beeinflussen unsere Resilienz.
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Klar ist also: Resilienz lässt sich lernen – ganz egal, ob wir als “Low Reactive” oder “High Reactive” geboren wurden. Stellen wir uns vor, wir haben ständig Stress mit unserer Vorgesetzten. Sie sieht keine Fehler ein, ist total launisch, akzeptiert kein “Nein” und drückt uns immer zu viele Aufgaben aufs Auge. In einer solchen akut belastenden Situation ist es schwierig, an der eigenen Resilienz zu arbeiten: Wir haben wenig Kontrolle über die Situation und fühlen uns hilflos. Dann kann es helfen, die Situation entweder so zu akzeptieren, wie sie ist, oder Verantwortung zu übernehmen und eine Lösung zu suchen. Akzeptanz, Verantwortungsübernahme und Lösungsorientierung zählen zu den “sieben Säulen der Resilienz”, sind also wichtige Strategien, um Resilienz zu stärken. Aber dazu später mehr.
Ein einfacher Merksatz zum Umgang mit Belastungen im Alltag ist: “Love it, leave it or change it“. Das bedeutet so viel wie: Sind wir mit einer belastenden Situation konfrontiert, können wir diese entweder verlassen (leave it), uns mit ihr anfreunden (love it) oder etwas an ihr ändern (change it). Nun sind aber nicht alle diese Möglichkeiten in jeder Situation verfügbar. Kommen wir auf das Beispiel der Vorgesetzten zurück. Vielleicht werden wir uns wohl nie wirklich mit ihrer Art anfreunden können, egal wie sehr wir uns das vornehmen. Wir können in diesem Fall also entweder kündigen (leave it) – was natürlich Konsequenzen nach sich ziehen wird –, oder uns überlegen, ob wir die Situation ändern können und wollen (change it).
Wir könnten uns also folgende Fragen stellen: Sehen wir noch einen Sinn in dem, was wir tun? Ist zum Beispiel der Rest unseres Teams hilfsbereit und freundlich? Werden wir gut bezahlt? Macht der Job überhaupt Spaß? Wenn sich aus diesen Überlegungen ergibt, dass die Vorteile des Jobs überwiegen und man ihn nicht verlassen will, ist der Modus “change it” gefragt. Man sollte also nach einer Lösung für die Unstimmigkeiten suchen, aktiv werden und Verantwortung für Veränderungen übernehmen. Eine Möglichkeit dafür wäre beim obigen Beispiel, das Gespräch mit der Chefin zu suchen und ihr Feedback zu geben, eine Mitarbeiter:innen-Umfrage zu starten oder externe Coaches heranzuziehen. Wenn all dies die Situation nicht zum Besseren verändern kann, können wir den Job immer noch verlassen.
Diese sieben Säulen beschreiben die wichtigsten Elemente zur Stärkung der eigenen Resilienz. Drei davon wurden im vorherigen Abschnitt schon angesprochen. Hier folgt ein Überblick darüber, welche Bestandteile der Resilienz besonders wichtig sind und wie wir lernen können, besser mit psychischer Belastung umzugehen.
1
Optimismus ist eine Lebensauffassung, die uns dabei hilft, resilient zu sein. Die Einstellung, alles schon irgendwie hinzubekommen und der Glaube daran, dass alles schon irgendwie gut gehen wird, ist das, was wir in belastenden Situationen brauchen. Wir sollten in uns selbst eine gewisse Kontrollüberzeugung haben.
2
Akzeptanz bedeutet, Situationen, die wir nicht mehr ändern können, anzunehmen. Das heißt, die Vergangenheit auch wirklich vergangen sein zu lassen, aber auch bei Veränderungen loslassen zu können. Was sich einfach anhört, kann aber vor allem “Kämpfernaturen”, die dazu neigen, stets die Kontrolle behalten zu wollen, schwerfallen. Wichtig ist: Widerstand gegen Dinge zu leisten, die unveränderbar sind, kostet unglaublich viel Kraft.
3
Lösungsorientierung kommt nach der Akzeptanz. Wenn wir eine Situation so angenommen haben, wie sie ist, geht es darum, nach vorne zu schauen und nach Lösungen zu suchen. Sich zu fragen: “Kann ich die Situation zum Besseren verändern und wenn ja, wie? Was kann ich tun, damit es mir besser geht?”.
4
Statt uns passiv im Selbstmitleid zu wälzen, sollten wir aktiv werden. Wir sollten uns bewusst und selbstfürsorglich für unser Glück, unsere Ziele und unsere Bedürfnisse einsetzen.
5
Verantwortung übernehmen bedeutet, Initiative zu zeigen, sich aktiv einzusetzen und aus einer nicht veränderbaren Situation das Beste zu machen. Wenn eine Situation jedoch verändert werden kann, sollten wir uns bewusst machen, welche Anteile der erwünschten Veränderung in unserem Verantwortungs- und Kontrollbereich liegen und probieren diese umzusetzen.
6
Uns zu überlegen, welche Zukunft wir uns wünschen und wie wir sie erreichen können, hilft uns dabei, resilienter zu werden. Dabei ist es besonders wichtig, sich geeignete Ziele zu setzen. Diese sollten möglichst realistisch und konkret sein, um einfacher umgesetzt werden zu können. Das muss nicht gleich ein Zukunftsplan für das ganze Leben sein – es kann auch schon helfen, sich Ziele für eine Stunde festzulegen.
7
Für den Menschen als soziales Wesen ist es extrem wichtig, Beziehungen zu knüpfen und sich bei psychischer Belastung unterstützt zu fühlen. Mit Freund:innen zu reden und sich ihnen zu öffnen – oder auch nur an das unterstützende Umfeld zu denken – kann enorm helfen. Es ist hart, ein:e Einzelkämpfer:in zu sein. Beziehungen zu anderen sorgen schließlich für Lebenszufriedenheit, und die ist wiederum die Grundlage einer starken Resilienz.
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