Sich selbst finden

GEPRÜFT DURCH | STEFANIE STAHL & LUKAS KLASCHINSKI VERÖFFENTLICHT | 27.03.2024

Selbstfindung – ein Wort und tausend Fragen. Wer ich bin? Was möchte ich vom Leben? Und wenn ich mich einmal gefunden habe, kann ich mich dann wieder verlieren? Wir grübeln doch alle gerne mal über uns und unser Leben. Es ist auch ganz natürlich und sogar hilfreich für unsere Lebensgestaltung, sich damit auseinanderzusetzen. Dabei gibt es nicht den einen und endgültigen Moment der Selbstfindung, an dem wir alles über uns wissen. Selbstfindung ist ein lebenslanger Prozess und das ist okay und gut so. Umso spannender, neue Seiten an sich entdecken zu können und sich auch mal neu zu erfinden. Es ist ein Weg, auf dem wir uns mal verloren fühlen dürfen, Umwege nehmen und auch mal die Richtung wechseln können. Vielleicht können die Tipps aus diesem Blogbeitrag ein kleiner Kompass für deine Reise zu dir selbst sein.

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Wann erkennen wir uns selbst?

Nach unserer Geburt müssen wir Vieles erst lernen und begreifen – auch das Selbst. Es gibt Evidenz für ein grundlegendes Selbstkonzept bei Menschen ab dem Alter von 18 – 24 Monaten. Getestet wird das mit dem so genannten Rouge Test, bei dem Kindern ein roter Fleck ins Gesicht gemalt und anschließend ein Spiegel gegeben wird. Wenn das Kind den Fleck im Gesicht berührt, spricht das dafür, dass es sich selbst im Spiegel erkannt hat. Andere Spezies wie Primaten, Delphine, Elefanten und Elstern zeigen dies übrigens auch.

Wer bin ich? Selbstbeschreibungen im Laufe des Lebens

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Im Kindergartenalter könnte unsere Selbstbeschreibung noch so ausgesehen haben: „Ich heiße Lukas und bin 4 Jahre alt. Ich bin ein Junge. Ich esse gerne Kekse. Ich erzähle immer lustige Witze.“ Es handelt sich um objektive Fakten, sowie konkrete, oft körperliche Eigenschaften und Vorlieben. Häufig sind diese Beschreibungen unrealistisch positiv. Im Laufe der Jahre werden wir immer besser darin, uns komplexer zu beschreiben und nutzen dafür Beziehungen und soziale Vergleiche.

Im Jugendalter sieht es dann vielleicht schon so aus „Ich bin Steffi und unternehme gerne viel mit meinen Freund:innen. Wenn ich bei denen bin, dann erzähle ich viel und andere fragen mich oft um Rat. Wenn ich irgendwo neu bin, bin ich aber oft erst mal schüchtern und habe Angst, etwas Falsches zu sagen.“ Jugendliche integrieren abstrakte Dinge in Selbstbeschreibungen, berichten häufig von Sorgen um soziale Kompetenzen und Akzeptanz. Außerdem sind sie auch dazu in der Lage zu erkennen, dass wir situationsabhängig durchaus widersprüchliche Eigenschaften zeigen können.

In der Sozialpsychologie geht man davon aus, dass die Sichtweise eines Menschen auf sich selbst auf einem Spektrum von zwei Aspekten definiert wird. Es ist ein Kontinuum bei dem auf der einen Seite die eigenen Gedanken, Gefühlen und Handlungen stehen und auf der anderen die Gedanken, Gefühlen und Handlungen von anderen. Denn wir definieren uns auch über unsere Beziehungen und sozialen Gruppen, denen wir uns zugehörig fühlen.

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Gibt es ein “wahres Selbst”, das ich finden kann?

Das Konzept eines „wahren Selbst“ ist komplex und kann je nach Perspektive unterschiedlich interpretiert werden. Es scheint jedoch, dass wir eher von einem Kerncharakter sprechen können, der durch unsere Persönlichkeitseigenschaften, genetische Veranlagungen und Lebenserfahrungen geformt wird, als von einem starren, unveränderlichen „wahren Selbst“. Wir sind dynamische Wesen, deren Identität sich im Laufe der Zeit entwickelt und in verschiedenen Kontexten unterschiedlich zum Ausdruck kommt. Die Reise zur Selbstkenntnis ist eine lebenslange Reise, die kontinuierliche Reflexion, Selbstakzeptanz und die Fähigkeit erfordert, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein. Indem wir uns bemühen, uns selbst besser zu verstehen und unsere wahre Natur zu erkennen, können wir ein authentisches und erfülltes Leben führen.

Die Reise zur Selbsterkenntnis beginnt oft damit, unsere eigenen Gefühle zu erkennen und zu verstehen. Dies erfordert eine bewusste Auseinandersetzung mit unseren Emotionen, den Situationen, in denen wir sie erleben und den Gründen dafür. Indem wir reflektieren, warum wir uns in bestimmten Situationen auf eine bestimmte Weise fühlen und wie wir darauf reagieren, können wir tiefer in unser Inneres eindringen und mehr über uns selbst erfahren. 

ABER: Viele grundlegende Prozesse spielen sich unbewusst ab. Wir sind dennoch in der Regel überzeugt davon, die wahren Ursachen zu kennen. Es ist wie ein Eisberg, bei dem neben den sichtbaren Eigenschaften unter der Oberfläche noch einiges unbewusst versteckt liegt. Die Sozialpsychologie geht davon aus, dass Menschen viele (kulturell bedingte) kausale Theorien für ihre Gefühle und ihr Verhalten haben, die aber nicht zwangsläufig auf sie individuell zutreffen müssen. Zum Beispiel: „Jetzt, wo es draußen so viel dunkel ist, bin ich immer ganz müde und niedergeschlagen.“ Diese allgemeine Erklärung führt vielleicht dazu, dass wir andere Möglichkeiten (z.B. Eisenmangel für Müdigkeit oder verdrängte Konflikte für Niedergeschlagenheit) nicht berücksichtigen. Vielleicht müssen wir also trotz unserer Reflexionsfähigkeiten akzeptieren, dass wir uns manchmal nicht verstehen oder uns Ursachen (noch) nicht eingestehen wollen oder können.

Authentizität

Authentizität entsteht, wenn wir in der Lage sind, unsere wahre Natur ohne Masken oder Fassaden zu zeigen. Dies geschieht oft in der Gegenwart von Menschen, denen wir vertrauen und bei denen wir uns sicher fühlen. Menschen, die ihre eigenen Schwächen und Gefühle offen zeigen können, schaffen eine Atmosphäre der Offenheit und Ehrlichkeit, die es uns ermöglicht, ebenfalls authentisch zu sein.

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Psychologische Tipps zur Selbstfindung

Über die Jahre hinweg machen wir eine Vielzahl von Erfahrungen und durchleben unterschiedliche Lebensphasen, die es uns ermöglichen, uns selbst besser kennenzulernen. Doch trotz dieser ständigen Weiterentwicklungen können wir uns manchmal immer noch unsicher über unsere eigene Identität fühlen. In einer Welt, die ständig in Bewegung ist und in der wir mit einer Fülle von Informationen und Einflüssen konfrontiert werden, kann es eine Herausforderung sein, unsere Gedanken zu sortieren und Klarheit über uns selbst zu erlangen. In diesem Abschnitt werden wir uns damit beschäftigen, wie wir uns selbst besser kennenlernen und unsere Gedanken ordnen können, um eine tiefere Verbindung zu unserer eigenen Identität herzustellen.

1

Wegweisende Fragen

Wegweisende Fragen sind ein guter Ausgangspunkt. Indem wir uns selbst Fragen stellen wie „Wer bin ich wirklich?“ oder „Was sind meine tiefsten Werte und Überzeugungen?“, können wir tiefer in unser Inneres vordringen und eine klare Vorstellung von unserer eigenen Identität bekommen. Auch das Reflektieren über unsere Vorlieben und Abneigungen sowie die Betrachtung von uns selbst aus der Perspektive anderer können dabei helfen, uns selbst besser kennenzulernen.

2

Ausprobieren

Ausprobieren ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Selbstfindung. Durch das Experimentieren mit neuen Hobbys, Herausforderungen und sozialen Bindungen können wir entdecken, was uns wirklich Freude bereitet und was nicht. Es ist wichtig, offen für neue Erfahrungen zu sein und zu beobachten, wie wir auf verschiedene Situationen reagieren.

3

Sich in Beziehungen erleben

Sich in Beziehung zu erleben, kann ebenfalls eine wertvolle Möglichkeit sein, sich selbst besser zu verstehen. Indem wir mit (neuen) Menschen interagieren und beobachten, was wir an ihnen mögen und was nicht, können wir Erkenntnisse darüber gewinnen, was uns wichtig ist und welche Art von Beziehungen uns guttun.

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Angst überwinden

Angst überwinden ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Selbstfindung. Oftmals tritt persönliches Wachstum außerhalb unserer Komfortzone auf. Indem wir unsere Ängste konfrontieren und aus unseren Erfahrungen lernen, können wir uns weiterentwickeln und persönlich wachsen.

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Eigene Geschichte reflektieren

Die Narrative Psychologie schlägt vor, unsere Lebensgeschichte in Worte zu fassen. Indem wir unsere Geschichte reflektieren und sie in einen narrativen Rahmen bringen, können wir eine tiefere Kohärenz und Verständnis für uns selbst entwickeln.

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Ambiguitätstoleranz entwickeln

Schließlich ist es wichtig, eine Ambiguitätstoleranz zu entwickeln. Das bedeutet, die Vielfalt unserer eigenen Facetten zu akzeptieren und zu lernen, mit Widersprüchen und Mehrdeutigkeit umzugehen. Sei offen dafür, dass Widersprüche ein normaler Teil des menschlichen Lebens sind und betrachte sie nicht als Hindernis, sondern als Chance, verschiedene Perspektiven zu verstehen. Übe Toleranz gegenüber den Widersprüchen, die du in dir selbst und anderen bemerkst. Akzeptiere die Unsicherheit, die mit Widersprüchen einhergehen kann, und konzentriere dich darauf, sie zu verstehen, anstatt von ihnen überwältigt zu werden. Mit der Zeit und etwas Übung wirst du eine größere Flexibilität und Offenheit im Umgang mit Widersprüchen entwickeln.

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Der schmale Grad zwischen Selbstfindung und Selbstoptimierung

Selbstfindung kann eng mit dem Druck zur Selbstoptimierung verbunden sein. Oftmals fühlen wir uns motiviert, uns selbst zu verbessern und unsere Ziele zu erreichen, was zu einem gewissen Druck führen kann, immer besser zu werden. In diesem Prozess ist es jedoch wichtig, auf sich selbst zu achten und sich nicht zu überfordern. Selbstfindung sollte nicht zu Stress und Druck führen, sondern vielmehr zu einem ausgewogenen und gesunden Streben nach persönlichem Wachstum und Erfüllung. Es ist entscheidend, sich selbst dabei nicht aus den Augen zu verlieren und auf die eigenen Bedürfnisse zu achten.

Insgesamt bleibt die Reise zur Selbstfindung eine lohnende und wichtige Erfahrung, die dazu beitragen kann, ein tieferes Verständnis für sich selbst und sein Leben zu entwickeln.

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