Eine Reise in unser tiefstes Inneres, die uns zu wahrer Erkenntnis und Heilung führt? Ein paar Milligramm von psychedelischen Substanzen sollen es möglich machen. In der Theorie verlockend, aber was bewirken Psychedelika wirklich in uns? Sind sie ungenutztes Potenzial in Medizin und Therapie? Und welche Gefahren könnten auf dieser Reise lauern?
Psychedelika sind eine Gruppe psychoaktiver Substanzen, die veränderte Wahrnehmungen, Gedanken, Emotionen und Bewusstseinszustände hervorrufen können. Dazu gehören LSD, Psilocybin („Magic Mushrooms“), MDMA, Ketamin, DMT und Mescaline. Obwohl sie oft als „Halluzinogene“ bezeichnet werden, erzeugen nicht alle Psychedelika notwendigerweise Halluzinationen. Ihr Einfluss auf das zentrale Nervensystem verändert die Art und Weise, wie das Gehirn Informationen verarbeitet und interpretiert.
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LSD wurde in den 40er Jahren durch Zufall von dem schweizer Chemiker Albert Hofmann entdeckt. Auf der Suche nach einem Kreislaufmittel synthetisierte er LSD und erlebt nach versehentlichem Hautkontakt dessen psychedelische Wirkung. Fasziniert von seiner Entdeckung wagt Hofmann einen ersten, bewussten Selbstversuch. Im Vollrausch fährt er mit dem Fahrrad nach Hause. Dieses Motiv ist heute noch häufig auf LSD-Papier gedruckt.
Obwohl Hofmann die therapeutische Nutzung von LSD vorschlug, wurde die Substanz schnell verboten. In den USA wurde sie sogar auf die gleiche Stufe wie Heroin gestellt. Diese politischen Maßnahmen beeinträchtigten die Erforschung von Psychedelika nachhaltig. Psychedelika sind bis heute größtenteils verboten oder stark reguliert. Aufgrund ihres medizinischen Potenzials werden die Substanzen nun vermehrt erforscht.
Eine wachsende Zahl klinischer Studien deutet darauf hin, dass die therapeutische Nutzung veränderter Bewusstseinszustände eine vielversprechende Ergänzung zu den bestehenden Behandlungsmöglichkeiten in der psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung sein kann. Besonders hilfreich scheinen die Substanzen dabei bei Angststörungen, Posttraumatischer Belastungsstörung, Depression und Sucht zu sein.
Seit letztem Jahr darf MDMA und Psilocybin in Australien bereits bei der Behandlung bestimmter psychischer Erkrankungen eingesetzt werden. Auch in den USA befindet sich MDMA-unterstützte Therapie bei der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen derzeit in Phase 3 der klinischen Studien. Das bedeutet, dass sie in einem fortgeschrittenen Stadium der Forschung ist. Damit ist der erste Weg zu einer breiteren Anwendung und damit der offiziellen Zulassung als Arzneimittel in den USA geebnet. In Deutschland sind Psychedelika derzeit verboten und werden vergleichsweise wenig erforscht.
Die Verwendung von MDMA in der Therapie kann Reaktionen auf emotional überfordernde oder angstauslösende Reize abmildern. Empfindungen von Angst, Bedrohung und negativer Emotionalität könnten so bei Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung reduziert werden. Wichtig ist dabei, dass der Konsum in ärztlicher oder therapeutischer Begleitung erfolgt, um beispielsweise das Risiko für einen Bad Trip zu verringern.
MDMA, was auch in Ecstasy enthalten ist, erhöht unter anderem die Freisetzung von Serotonin (unser „Glückshormon“) in den synaptischen Spalt, den Raum zwischen zwei Nervenzellen. Zusätzlich hemmt es die Wiederaufnahme von Serotonin in die ursprüngliche Nervenzelle. Das Serotonin bindet dann an spezifische Rezeptoren der benachbarten Nervenzelle, was zu einer Stimulation dieser Zelle führt. Wir werden also mit körpereigenem Serotonin geflutet. Häufig berichtete Effekte sind gesteigerte Empathie und Energie, euphorische Gefühle und eine veränderte Wahrnehmung.
LSD bindet sich an Serotoninrezeptoren in unserem Körper und ahmt somit die Wirkung von Serotonin nach. Der Konsum von LSD kann zu veränderten Wahrnehmungen, intensiveren Emotionen und veränderten Bewusstseinszuständen führen.
Psilocybin, das in „Magic Mushrooms“ vorkommt, wird im Körper zu Psilocin umgewandelt. Psilocin bindet sich dann wie LSD an bestimmte Serotoninrezeptoren. Die Wirkung von Psilocybin wird daher oft mit der von LSD verglichen. Intensität, Dauer und Charakteristik der Erfahrung können sich dennoch unterscheiden.
Eine psychedelische Reise kann eine Vielzahl von Auswirkungen haben. Typische Erfahrungen sind eine veränderte Wahrnehmung, die intensivere Farben, ein verändertes Raum-Zeit-Empfinden und Körpergefühl mit sich bringt. Während eines Trips können auch veränderte Denkmuster entstehen, die als „Egoauflösung“ oder „Entgrenzung“ beschrieben werden. Menschen reflektieren ihr Selbst und ihre Identität auf eine neue Weise. Häufig wird das Erleben von intensiven Gefühlen berichtet, bei denen eine rationale Betrachtung in den Hintergrund tritt. Diese neue Perspektive kann Erkenntnisse über sich selbst schaffen. Andere unter Psychedelika berichtete Wirkungen sind beispielsweise eine Steigerung der Kreativität, eine verbesserte Problemlösungsfähigkeit und das Gefühl des Einsseins mit der Natur.
Der akute Trip mit Psychedelika dauert in der Regel nur einige Stunden. Dennoch gibt es Hinweise, dass sie langfristige Veränderungen bewirken können. Studien fanden verschiedene Langzeitwirkungen, darunter ein reduziertes Niveau von Angst- und Depressionssymptomen, gesteigerte Lebenszufriedenheit sowie das Gefühl von mehr Sinnhaftigkeit im Leben. Hinweise auf positive Effekte in der Behandlung von Suchterkrankungen, insbesondere Alkohol und Rauchen, konnten ebenfalls gezeigt werden. Insgesamt wird nach einer psychedelischen Session oft eine erhöhte Empfänglichkeit für Veränderungen berichtet. Damit die neu gewonnenen Erkenntnisse auch in das eigene Selbstbild integriert und eingeordnet werden können, ist eine begleitende Psychotherapie wichtig.
Die neurologischen Langzeitfolgen von Psychedelika sind noch nicht vollständig verstanden, aber erste Hinweise deuten auf eine erhöhte Plastizität und veränderte Konnektivität zwischen Hirnarealen hin. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass Psychedelika neuroprotektive Eigenschaften aufweisen könnten, die vor neurodegenerativen Erkrankungen, zu denen unter anderem die Alzheimer- und Parkinson-Krankheit gehören, schützen. Tierstudien deuten darauf hin, dass Psilocybin die Bildung neuer Nervenzellen fördern und Entzündungen im Gehirn reduzieren könnte. Faktoren, die bei neurodegenerativen Erkrankungen eine Rolle spielen. Die Forschung steht hier allerdings noch am Anfang.
Warum werden Psychedelika dann nicht mehr genutzt, sind sogar verboten? Wir stellen uns also folgende Frage: Was kann schon passieren?
Menschen nutzen Psychedelika, um das Unterbewusstsein zu erforschen. Das ist nicht ungefährlich. Riskant kann beispielsweise die Konfrontation mit traumatischen Erlebnissen unter psychedelischem Einfluss sein — vor allem, wenn dies unbeaufsichtigt passiert. Aber: Nicht jede herausfordernde Erfahrung ist gleich ein Bad Trip. Ein Bad Trip kann entstehen, wenn unter psychedelischem Einfluss gegen aufkommende negative Gefühle wie Angst oder Scham angekämpft wird, anstatt diese zuzulassen. Zwei Probleme kommen dann auf einmal: das negative Gefühl und der Kampf gegen das negative Gefühl.
Jedes Psychedelikum hat eigene Auswirkungen auf den Körper. MDMA kann beispielsweise in kurzer Zeit Puls, Körpertemperatur und Blutdruck in die Höhe schnellen lassen. Menschen mit Herzkreislaufproblemen sollten daher von der Einnahme absehen. Psilocybin zeigt ähnliche, wenn auch schwächere, Auswirkungen auf den Körper im Vergleich zu MDMA. Eine besondere Vorsicht ist geboten, wenn eine genetische Veranlagung zu psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie besteht. Psychedelika können diese Erkrankungen auslösen oder verschärfen. Hier zeigt sich ein Paradoxon: Psychedelika werden zunehmend als vielversprechendes Instrument in der psychotherapeutischen Praxis erforscht. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass der Einsatz dieser Substanzen auch psychische Erkrankungen auslösen kann. Das Suchtpotenzial von Psychedelika ist im Vergleich zu vielen anderen Drogen eher gering, dennoch sollte es keinesfalls ignoriert werden. Klassische Psychedelika weisen ein geringes, während MDMA ein moderates Suchtpotenzial aufweist.
„Die Dosis macht das Gift“, sagte schon Paracelsus. MDMA kann bei falscher Anwendung zu einer tödlichen Überdosis führen. Bei Psilocybin liegt die Gefahr eher dabei, einen Bad Trip zu bekommen. Die Dosierung von Psychedelika ist schwierig. Bei Substanzen, die man auf der Straße bekommt, weiß man häufig nicht, was genau drin ist und wie viel Psychedelikum enthalten ist. Auch ist die Reaktion von Person zu Person unterschiedlich. Eine sichere Umgebung und professionelle Begleitung beim Konsum von Psychedelika ist entscheidend, um diese Risiken zu minimieren.
In Deutschland hinkt die Forschung und sichere Anwendung von Psychedelika im Vergleich zu anderen Ländern hinterher. Die Niederlande und die Schweiz haben umfassende Forschungsbemühungen unternommen. In den Niederlanden ist Psilocybin legal, und es gibt spezielle Zentren für Psilocybin-Retreats. In den USA wird über die Zulassung von MDMA als Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung diskutiert. In Australien werden Psychedelika bereits genutzt.
Die frühe Illegalisierung von LSD hat die Psychedelika-Forschung jahrzehntelang verlangsamt. Seit über einem Jahrzehnt kämpfen Wissenschaftler:innen um Förderung, Genehmigungen und Proband:innen für Studien. Vor einem Jahr bewilligte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) weitere 2.6 Millionen Euro für die Psilocybin-Depressionsstudie an der Charité. Die Studie zielt darauf ab, eine Alternative für Depressionspatient:innen zu finden, bei denen herkömmliche Methoden nicht wirken.
Es ist essenziell, Psychedelika legal zu nutzen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Zusammensetzung der Substanzen verlässlich ist. Die Dosierung kann im Labor genau kontrolliert werden. Zudem ermöglicht die legale Verwendung Menschen mit psychischen Erkrankungen eine professionelle Begleitung während ihrer psychedelischen Erfahrungen.
1.
Wissenschaftler:innen raten generell vom unkontrollierten, illegalen Konsum ohne ärztliche Aufsicht ab. Auch Einnahmen im legalen Graubereich sind nicht sicher. Es gibt kontrollierte, legale Trips unter ärztlicher Aufsicht.
2.
Sich den Risiken und Nebenwirkungen von Psychedelika bewusst werden. Habe ich beispielsweise ein erhöhtes Risiko einer Psychose?
3.
Wenn Set und Setting nicht stimmen, ist das Risiko höher, einen Bad Trip zu bekommen. Negative Folgen können Angst- und Panikgefühle sein. Wochen und Monate später kann es zu Flashbacks kommen, was nicht nur unangenehm ist, sondern auch richtig Angst machen kann.