Die bipolare Störung ist eine affektive Störung. Das bedeutet, dass sie den Affekt betrifft, sprich wie man sich fühlt und wie viel Antrieb man hat. Bipolar bedeutet, dass es zwei Pole gibt, zwischen denen die Betroffenen schwanken. Diese Pole sind zwei abwechselnde Episoden von Manie und Depression. In den Episoden sind die emotionale Verfassung und das Aktivitätsniveau der betroffenen Person erheblich beeinträchtigt. Diese Störung manifestiert sich entweder in einer übermäßig gehobenen Stimmung, gesteigertem Antrieb und erhöhter Aktivität (Hypomanie oder Manie) oder in einer Stimmungsabsenkung, begleitet von vermindertem Antrieb und reduzierter Aktivität (Depression). Vielleicht kennst du die bipolare Störung auch unter den Namen manisch-depressive Störung oder manische Depression.
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Es gibt kein einheitliches Krankheitsbild, zwischen zwei Episoden können sogar Monate liegen. Es kann zu Fehldiagnosen und dadurch falschen Behandlungen kommen. Bei Frauen wird, falls es zu Fehldiagnosen kommt, häufig eine unipolare Depression fehldiagnostiziert und bei Männern oft eine Psychose.
Der wesentliche Unterschied liegt in der Art der Episoden: Während die bipolare Störung von sowohl manischen als auch depressiven Episoden geprägt ist, erleben Menschen mit unipolarer Depression ausschließlich depressive Episoden.
Während einer manischen Episode bei bipolaren Störungen zeigen sich diverse Symptome, die auf eine gesteigerte Aktivität und gehobene Stimmung hinweisen. Dies beinhaltet eine gesteigerte Leistungsfähigkeit, oft begleitet von Größenwahn und falscher Risikoeinschätzung, was zu irrationalen Entscheidungen und gefährlichen Handlungen führen kann.
Das Schlafbedürfnis nimmt ab, wobei Schlaf sogar als Zeitverschwendung empfunden werden kann. Eine mangelnde Einschätzung der Realität kann sich durch akustische und optische Halluzinationen äußern, was als psychotische Manie bezeichnet wird. Gleichzeitig zeigt sich ein gesteigertes Selbstvertrauen. Hochgefühle können jedoch schnell in Gereiztheit umschlagen.
Weitere Symptome umfassen Gedankensprünge, bei denen Außenstehende einem Gespräch häufig nicht mehr folgen können. Es treten neue Ideen und gesteigerte Kreativität auf, möglicherweise auch von Konzentrationsproblemen begleitet.
Das Handeln kann ebenso sprunghaft werden, wobei viele Dinge begonnen, aber nicht zu Ende gebracht werden. Enthemmungen in verschiedenen Bereichen sind möglich, wie beispielsweise exzessive sexuelle Handlungen oder ein übermäßiger Kaufrausch. Gerade diese Enthemmungen können zum Abklingen einer manischen Episode führen und Schuld- sowie Schamgefühle auslösen, die bis hin zu einer depressiven Episode führen können.
Während einer depressiven Episode bei bipolaren Störungen können verschiedene mögliche Symptome auftreten. Neben Anzeichen wie Lethargie und sozialem Rückzug können Betroffene ihre Gefühlswelt als abgestumpft erleben. Dann sind sie unfähig, Freude zu empfinden oder in traurigen Momenten zu weinen. Gleichermaßen kann Niedergeschlagenheit ein vorherrschendes Gefühl sein, ebenso wie Antriebslosigkeit und Energielosigkeit. Ein genereller Verlust des Interesses an normalerweise ansprechenden Aktivitäten kann auftreten, ebenso wie der Rückgang des sexuellen Interesses. Ständiges Grübeln über negative Themen, begleitet von innerer Unruhe, Ängstlichkeit und erhöhter Reizbarkeit, können diese Phase kennzeichnen.
Schlafstörungen in verschiedenen Formen können auftreten, seien es Durchschlafprobleme, frühes morgendliches Erwachen oder ein gesteigertes Schlafbedürfnis. Veränderungen im Essverhalten, sei es Appetitverlust oder gesteigerter Appetit, sind ebenfalls möglich. Die Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, ein allgemeiner Rückgang des Leistungsvermögens und Konzentrationsschwierigkeiten können auch folgen.
Gefühle von Wertlosigkeit, Schuld- und Schamgefühlen sowie intensiven Selbstzweifeln prägen diese Phase. Diese Symptome können in unterschiedlicher Intensität auftreten und beeinträchtigen maßgeblich das tägliche Leben und die Lebensqualität der Betroffenen während der depressiven Episode.
Wie bei allen Erkrankungen ist es wichtig, andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen, da verschiedene psychische und neurologische Erkrankungen ähnliche Symptome verursachen können. Psychotherapeut:innen und Psychiater:innen diagnostizieren die Störung mithilfe von diagnostischen Gesprächen und Fragebögen, um sich ein Bild von der Ausprägung der Symptome zu machen.
Es gibt Gemeinsamkeiten in Bezug auf die wechselnden Episoden von Manie und Depression, aber es handelt sich nicht um ein einheitliches Krankheitsbild. Es können erhebliche Unterschiede in der Häufigkeit, Dauer und Intensität der Episoden zwischen verschiedenen Personen auftreten.
Es ist möglich, dass Monate zwischen verschiedenen Episoden liegen, und während dieser Zeiträume können die Betroffenen sich entweder ausgeglichen fühlen oder schwächere Formen von manischen oder depressiven Symptomen aufweisen. Diese Vielfalt in den Verläufen der bipolaren Störung erschwert die Diagnose und erfordert eine sorgfältige Beurteilung der individuellen Symptomatik und Krankheitsgeschichte jedes Einzelnen.
Wie die Erkrankung entsteht, ist nicht genau geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass verschiedene Faktoren zu einer Störung im Stoffwechsel des Gehirns führen. Vereinfacht ausgedrückt kommt es zu einem Ungleichgewicht von Neurotransmittern wie Noradrenalin, Dopamin, Serotonin.
Ist ein Elternteil bipolar, besteht ein vielfach erhöhtes Risiko, auch daran zu erkranken. Umweltbedingungen wie Stress, traumatische Ereignisse oder bedeutende Lebensveränderungen können das Risiko für eine bipolare Störung erhöhen oder den Ausbruch von Episoden auslösen. Ebenso können Auslöser für erneute manische Episoden Reizüberflutungen und Schlafmangel sein.
Betroffene leiden häufig zusätzlich unter Substanzmissbrauch (meist Alkohol). Der Missbrauch von Drogen oder Alkohol kann das Auftreten und den Verlauf der bipolaren Störung verschlimmern.
Die bipolare Störung ist durch sich abwechselnde Episoden von Manie und Depression gekennzeichnet, wobei zwischen diesen Phasen Monate vergehen können, die von einem Gefühl der Ausgeglichenheit geprägt sind. Es gibt sogar Episoden, die von einer Mischform von Depression und Manie durchzogen sind, was von Betroffenen als besonders einschränkend empfunden wird.
Es ist wichtig zu betonen, dass jeder im Leben Hoch- und Tiefphasen erlebt, was normal ist. Bei einer bipolaren Störung können jedoch weder die Phasen und Symptome noch die Wechsel von einer Episode in die andere durch externe Faktoren erklärt werden. Wenn du das Gefühl hast, dass du oder jemand in deinem Umfeld professionelle Hilfe benötigt, ist das völlig in Ordnung. Du kannst dich an deinen Hausarzt oder deine Hausärztin sowie an einen Psychotherapeuten oder eine Psychotherapeutin wenden, beispielsweise über die kassenärztliche Vereinigung deines Bundeslandes. In dringenden Fällen steht die Telefonseelsorge (0800-1110111) anonym und jederzeit zur Verfügung.
Speziell für bipolare Störungen gibt es die Möglichkeit, sich an die Gesellschaft für bipolare Störungen zu wenden unter der Nummer 0800 55 33 33 55. Es ist wichtig, Hilfe anzunehmen und Unterstützung zu suchen, um einen angemessenen Umgang mit der Erkrankung zu finden.
Die Behandlung bipolarer Störungen kann in kurzfristige und langfristige Ziele unterteilt werden. Kurzfristige Ziele konzentrieren sich besonders auf die Reduzierung der depressiven oder manischen Symptome, was als Akutbehandlung bezeichnet wird. Langfristige Ziele beinhalten unter anderem die Verringerung oder Vermeidung weiterer affektiver Episoden, auch als Phasenprophylaxe bekannt.
Das übergeordnete Ziel jeder Behandlung sollte die Aufrechterhaltung eines möglichst hohen psychosozialen Funktionsniveaus des/der Patient:in sein. Dies hat einen erheblichen Einfluss auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität des Patienten oder der Patientin und bestimmt maßgeblich die Möglichkeit einer angemessenen sozialen Teilhabe.
In erster Linie erfolgt die Therapie medikamentös, wobei andere Psychopharmaka als bei unipolarer Depression eingesetzt werden. Die Verwendung falscher Medikamente kann die Symptome verschlechtern, daher ist eine präzise Diagnose von großer Bedeutung.
Psychotherapie spielt eine entscheidende Rolle, um den Umgang mit der Erkrankung zu erleichtern, potenzielle Suchtprobleme zu bewältigen und Unterstützung für Angehörige zu bieten.
Effiziente Psychotherapie bei bipolaren Störungen umfasst verschiedene Schlüsselelemente. Dazu gehört zunächst die Psychoedukation, bei der grundlegendes Wissen über die Erkrankung, ihre Symptome und den Umgang damit vermittelt wird. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Förderung der Selbstbeobachtung von Stimmungsveränderungen, Ereignissen, Verhalten und Denken, um die Achtsamkeit für eigene emotionale Schwankungen zu schärfen.
Die Reflexion von Erwartungen und Maßstäben spielt eine Rolle, um persönliche Erwartungen und Bewertungsmaßstäbe zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Ebenso beinhaltet die Therapie die Förderung von Kompetenzen zum Selbstmanagement von Stimmungsschwankungen und Frühwarnzeichen, um eigenständig mit Veränderungen der Stimmung umgehen zu können.
Die Normalisierung und Stabilisierung von Schlaf-Wach- und sozialem Lebensrhythmus ist ein weiterer Fokus, um stabile Lebensumstände zu etablieren und aufrechtzuerhalten. Stressmanagement und Aktivitätenmanagement sind entscheidende Elemente, um Strategien zur Bewältigung von Stress und zur Strukturierung des täglichen Lebens zu erlernen.
Des Weiteren zielt die Therapie darauf ab, die Selbstwirksamkeitsüberzeugung zu steigern, um das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zur erfolgreichen Bewältigung von Herausforderungen zu stärken. Der Einbezug der Angehörigen wird als integraler Bestandteil betrachtet, um das soziale Unterstützungssystem in den Therapieprozess zu integrieren. Schließlich beinhaltet die Therapie die Vorbereitung auf Krisen und Notfälle, einschließlich Strategien und Bewältigungsmechanismen für den Umgang mit potenziellen Krisensituationen und Rückfällen. Diese ganzheitliche Herangehensweise hat das Ziel, die Selbstregulation und Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig zu verbessern.
Neben Medikamenten und Gesprächstherapie ist die Elektrokrampftherapie ein während manischer als auch depressiver Episoden mögliches Verfahren. Unter Vollnarkose wird der Körper für 20-40 Sekunden in einen Krampfanfall versetzt, was zur Stimulierung des Nervensystems und zur Ausschüttung wichtiger Neurotransmitter führt. Außerdem gibt es weitere neue Hirnstimulationsverfahren. Das klingt vielleicht gruselig, ist aber eine schmerzfreie und wirkungsvolle Therapie.